Schritt für Schritt, Runde für Runde
Vor einem Jahr hat was-DA-los-Redakteurin Anna angefangen zu joggen. Nun ist sie beim Darmstädter Stadtlauf gestartet. Welche Erfahrungen gehen mit dem neuen Sport einher?
Auf dem Sportplatz wird Anna musikalisch empfangen. „Der Saxophon-Mann”, ruft sie begeistert. „Der ist öfters hier.” Der ältere Herr sitzt im Schatten am Rand der Laufbahn im Darmstädter Bürgerpark und spielt auf seinem Instrument, während vor ihm ein paar hitzeresistente junge Männer ihre Runden joggen oder Fußball spielen. Es ist um die 25 Grad warm, die Sonne knallt auf den Platz und Anna beginnt mit den ersten Aufwärmübungen.



Fotos: Louisa Albert/ Vor dem Lauftraining im Bürgerpark wärmt sich Anna auf.
Vor etwa einem Jahr hat die 24-jährige Journalismus-Studentin das Joggen für sich entdeckt. An diesem Freitagnachmittag bereitet sie sich auf den Darmstädter Stadtlauf vor, ihren zweiten Lauf überhaupt. „Ich habe das Laufen immer schon ein bisschen vorgelebt bekommen”, erzählt sie. „Mein Vater ist leidenschaftlicher Jogger und mein Onkel ist früher oft Marathons gelaufen.” Nach ihrem Umzug aus dem heimatlichen Freinsheim in der Pfalz nach Darmstadt nahm ihre Mitbewohnerin sie zum ersten Mal mit zum Joggen. „Ich fand es nice, einfach draufloszurennen und mich auszupowern. Anfangs hatte ich natürlich total Muskelkater, aber ich habe trotzdem weitergemacht.”
Die Gesundheit im Blick
Nach einem Praktikum in Hamburg und einer dort etablierten Joggingrunde habe sich ihre neue Leidenschaft gefestigt, erinnert sich Anna. Seitdem habe es keine Ausreden für sie gegeben. Gejoggt wurde immer, im Herbst und im Winter. Ein Game Changer, wie Anna es nennt, seien die passenden Schuhe gewesen. „Als ich letztes Jahr in Hamburg mit dem regelmäßigen Joggen angefangen habe, hatte ich absolut falsche Schuhe. Und ich habe zu schnell zu viel gemacht, weil ich oft zum Übertreiben neige. Dadurch habe ich Hüftprobleme entwickelt und musste für einen Monat pausieren und in Physiotherapie.” Rückblickend empfiehlt sie, es langsam angehen zu lassen. „Wer mit dem Laufen anfängt, sollte erstmal nur ein paar Kilometer in ganz ruhigem Tempo joggen und sich dann Schritt für Schritt steigern. Das ist dann aber auch das Schöne an dem Sport: Du kannst sehr schnell Erfolge sehen.”


Fotos: Louisa Albert/ Das Laufen gebe ihr neues Selbstbewusstsein, erzählt Anna.
Diese Erfolge würden ihr mehr Selbstbewusstsein geben. „Ich traue mir mehr zu. Durch Phasen in meinem Leben, in denen ich oft krank war, habe ich meinen Körper oft als schwach betrachtet. Durch das Laufen habe ich aber gemerkt: Okay, ich kann doch belastbar sein, ich kann Leistung bringen. Ich bin stark und kann Dinge schaffen.”
„Ich mache Sport nicht, um das mit der Welt zu teilen”
Anfang Mai folgte dann der erste Zehn-Kilometer-Lauf in Mainz. Gemeinsam mit einer Freundin und ihren beiden Cousins meldete sie sich an. „Eigentlich dachte ich immer, dass ich gar nicht so ein kompetitiver Mensch bin. Aber anscheinend schlummert es wohl doch in mir.” Angefangen habe dieses Gefühl mit einer Sport-App, die sich Anna nach einigem Überlegen zulegte. „Erst stand ich dem irgendwie kritisch gegenüber. Ich dachte mir, ich mache doch Sport für mich und nicht, um das mit der Welt zu teilen – die typische Social-Media-Problematik eben. Beim Ausprobieren der App habe ich aber gemerkt, dass es mich richtig anspornt.”
Mit dieser neuen Motivation startete sie dann beim Lauf in Mainz; ein besonderes Erlebnis, wie sie erzählt. „Am Rand stehen Leute mit süßen Plakaten, Kinder, die die Hand ausstrecken, dich abklatschen und anfeuern. Das hat sehr viel Spaß gemacht.” Hier im Bürgerpark läuft sie nun ihre letzte Trainingsrunde. Unverzichtbar sind dabei ihre Kopfhörer. „Wenn ich die beim Laufen mal vergesse, ist das ganz schlimm.” Musik könne sie oft anspornen, manchmal sei es aber wichtig, auf die Geschwindigkeit zu achten. „Wenn man richtig schnelle Musik hört, neigt man dazu, viel schneller zu laufen. Das kann natürlich gut sein, wenn man den Endspurt machen möchte. Aber es kann auch schlecht sein, wenn man zum Übertreiben neigt”, erzählt sie und scrollt durch ihre Playlist. „Das ist meine „Anna-rennt-los-Playlist”. Wir haben hier Sia, Unstoppable bis zu Ikkimel oder mal was ganz Klassisches wie die Rolling Stones oder Bon Jovi. Es ist eine wilde Mischung.”
Das Highlight des Jahres
Mit dieser wilden Mischung im Ohr steht Anna fünf Tage später auf dem Ludwigsplatz zwischen Saturn und dem alten McDonalds. Zum 47. Mal findet der Stadtlauf hier in der Darmstädter Innenstadt statt. Anna ist zum ersten Mal dabei. Der Platz ist gefüllt mit aufgeregten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Musik tönt aus den Lautsprechern und am Rand feuert das Publikum die Männer an, die soeben für die fünf Kilometer lange Men’s Challenge gestartet sind. Ihre Startnummer hat sich Anna schon vor einigen Tagen abgeholt, nun wartet sie auf den Start der Frauen. „Ich konnte es irgendwie den ganzen Tag gar nicht so realisieren“, erzählt sie und schaut sich um. „Ich hab mir nur den ganzen Tag gedacht: Oh Gott, heute ist es so heiß, wie soll ich das heute Abend noch machen? Aber jetzt gehe ich da ganz entspannt rein, obwohl ich auch aufgeregt bin.”
Dann ist es soweit. Gemeinsam mit etwa 300 anderen Frauen stellt sich Anna am Start auf. Der Moderator grüßt alle Anwesenden und betont: „Es gab noch nie so viele Teilnehmerinnen wie dieses Jahr.” Einer der Frauen hält der Moderator das Mikrofon hin und fragt sie nach ihrem Eindruck. „Das ist das Highlight des Jahres”, sagt sie begeistert. Kurze Zeit später ertönt der Startschuss und die Gruppe läuft los. Drei Runden führen am Luisencenter vorbei, übers Carree und die Schulstraße, hoch zum Staatstheater und wieder zurück zum Luisenplatz.


Fotos: Louisa Albert/ Anna ist zum ersten Mal beim Stadtlauf dabei.
Am Rand der Strecke feuern ihre Freundinnen Anna an. Jedes Mal, wenn sie an ihnen vorbeiläuft, halten sie ein selbst gebasteltes Schild hoch. “Go Anna – You can do this” steht darauf. Nach einer knappen halben Stunde hat sie die fünf Kilometer hinter sich gebracht. „Ich bin wirklich fertig, die Strecke war anspruchsvoll, weil wir Treppen laufen mussten und ganz hoch zum Staatstheater. Aber es hat sehr viel Spaß gemacht”, lautet das Fazit. Auf ihr Ergebnis sei sie stolz. Mit einer Zeit von fünf Minuten und 15 Sekunden pro Kilometer belegt Anna Platz 42, in ihrer Altersklasse sogar Platz 17. Jetzt heißt es erst einmal ausruhen und dann weiter trainieren. Ende der Woche steht für sie bereits der nächste Lauf an: zehn Kilometer in Wiesbaden.
Titelfoto: Louisa Albert
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