Ballungszentrum für kreative Köpfe: Ein Rundgang im Gründerzentrum HUB31
Egal ob bei den ersten Schritten oder beim Versuch, auf eigenen Beinen zu stehen — in Hessens größtem Gründerzentrum bekommen Startups Hilfe.
Das HUB31 ist zu einem großen Teil für Darmstadts guten Startup-Ruf verantwortlich. Doch was macht das Zusammenarbeiten unter einem Dach dort so besonders? Unweit der Firmengebäude der Telekom, in einem tristen Gewerbegebiet in Darmstadt West verbirgt sich eines der spannendsten Gebäude der Stadt. Wir sind zu Besuch beim HUB31 in der Hilpertstraße, Hessens größtes Gründerzentrum und eine der wichtigsten Anlaufstellen für Gründerinnen und Gründer in der Region. Die größten Anteilhaber sind die Stadt und die IHK, mittlerweile mit einem kleinen Prozentsatz auch die TU und die Hochschule Darmstadt.
Die Glasfassade verströmt das Flair der 80er Jahre, durch die in türkis getauchten Elemente und das gleichfarbige Dach ist sie aber nicht zu übersehen. Hier am Rand Darmstadts sitzen 66 der vielversprechendsten Startups Hessens unter einem Dach. Hinter dem Gebäude kommt ein Wald, danach schon das Darmstädter Autobahnkreuz.

Schon als wir das riesige Bürogebäude durch eine Drehtür betreten, fallen uns die Dimensionen des Objekts auf. Die Gesamtfläche des 1989 erbauten und 2018 modernisierten Komplexes beläuft sich auf 56.000 Quadratmeter. Neben dem Gründerzentrum haben noch andere Firmen hier ihren Sitz, darunter eine Berufsschule. Wie groß das Gebäude ist, wird noch spürbarer, als wir uns auf dem Weg zu den Büroräumen des HUB31 kurz verlaufen.
Noch eine weitere Drehtür, dann konnten wir das Gründerzentrum betreten. Bereits die Glastür am Klingelschild wirkt imposant und gibt einen ersten Einblick, was Besucherinnen und Besucher erwartet: Dutzende Firmenlogos reihen sich seitlich der Tür nebeneinander ein, alle im Gründerzentrum beheimatet.
Ein gutes Netzwerk ist fast die halbe Miete
Laura Abascal, seit Juli 2021 Geschäftsführerin des HUB31, begrüßt uns. Wir laufen durch den Wartebereich des Eingangs und gelangen direkt ins Herzstück des Gründerzentrums: eine riesige Küche mit Essbereich und Sitzmöglichkeiten. Viel Ansturm gibt es um die Mittagszeit nicht. „Viele unserer Gründerinnen und Gründer sind Studierende. Wir arbeiten eng mit der TU Darmstadt und der Hochschule Darmstadt zusammen. Abends nach den Vorlesungen ist hier deutlich mehr los“, erzählt Abascal.
Der meterlange Holztisch, an dem eine ganze Schulklasse ohne Platzprobleme sitzen könnte, ist ein Ort des Zusammenkommens. Hier wird gegessen und sich ausgetauscht. Daneben steht eine ebenso lange Küchenzeile. Menschen machen ihr Essen in der Mikrowelle warm, holen sich etwas aus dem Kühlschrank. Auch die Kaffeemaschine ist — wie in den meisten Büros — eine der zentralen Anlaufstellen.

Im Durchgang hinter der Küchenzeile befinden sich erste Büroräume, die nur durch eine Glaswand vom großen Essens- und Freizeitbereich getrennt sind. Die Transparenz im Gebäude ist auffällig. Den Gründerinnen und Gründern werden für den Austausch mit Gleichgesinnten keine Steine in den Weg gelegt – im Gegenteil. „Die Leute tauschen sich untereinander aus und haben sich auch schon zusammengeschlossen, wenn die Idee es zugelassen hat und alles andere passte“, sagt Abascal.
„Die Startups können sich gegenseitig befruchten“
Das HUB31 ist nicht auf eine Branche spezialisiert. „Wir haben von Künstlicher Intelligenz, Nachhaltigkeit, Energie bis zu Robotik, aber auch Kommunikation und Marketing alle Themen bei uns. Das ist gut für die Startups, die sich gegenseitig befruchten können.” Die Größe der 66 Unternehmen im Gebäude reicht dabei von einer Person bis zu 80.
Eines der spannendsten Projekte erwartet uns im Innenhof. Auf einem asphaltierten Abschnitt fahren hier kleine gelbe Roboter hin und her, obwohl sie keiner direkt zu steuern scheint. Wir stehen mit Abascal und einem Mitarbeiter von Energy Robotics an deren Teststrecke. Neben uns ist eine Art Hundehütte mit einem Wellblechdach, unter der gerade ein vierbeiniger, hoch entwickelter gelb-schwarzer Testroboter schläft und Geräusche, die einem Staubsauger ähneln, von sich gibt.

Von Robotik-Studenten der TU Darmstadt gegründet, hat sich Energy Robotics auf autonome Roboterinspektionen spezialisiert. Die kleinen gelben Helfer werden überall dort eingesetzt, wo es bei Datenmessungen für Menschen unangenehm oder gefährlich werden könnte. Einsatzgebiete sind zum Beispiel Öl- und Gasplattformen. Durch die Software von Energy Robotics können zu jeder Tageszeit und auch unter schwersten Bedingungen präzise Messungen durchgeführt werden.
Nur ein Jahr nach Gründung zog das Darmstädter Unternehmen in die Büroräume an der Hilpertstraße. Hier bekommt das mittlerweile auf über 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewachsene Team jegliche Unterstützung, die benötigt wird. Das HUB31 sei so etwas wie die „Mutter aller Startups“, erzählt uns der Mitarbeiter von Energy Robotics.
Das Gründerzentrum als Vollversorgung für die Unternehmen
Die Unternehmen haben Tag und Nacht Zugang zum Bürogebäude und erhalten in jedem Bereich die bestmögliche Hilfe. „Sie bekommen hier alles, was sie benötigen, von Beratung über Vernetzung“, sagt Abascal stolz. Darunter fallen auch Vermittlungen an Steuerberater, Marketingexperten oder Investoren. „Wir unterstützen überall. Und wenn wir es selbst nicht mehr können, haben wir Partner, mit denen wir arbeiten.“ Das eigentliche Geschäftsmodell des HUB31 ist die Vermietung von Geschäftsräumen. Es gibt aber auch viele Coworking-Bereiche und Räume, die für jeden zugänglich sind.

Kommunikation ist für Abascal ein wichtiger Bestandteil für den Erfolg des Gründerzentrums: „Hier kannst du einfach jeden anquatschen, hier ist wirklich Potenzial und die Leute haben Lust. Viele sehen unsere Lage am Rand von Darmstadt als Nachteil, es ist aber ein Vorteil, weil die einfach hier in ihrer Bubble sind.“
Die Gründerinnen und Gründer müssen eigentlich überhaupt nicht mehr raus, sie können im HUB31 sogar duschen. Gegenüber der Duschräume stehen vor großen Türen mehrere E-Bikes. Wir wollen wissen, was es mit den Fahrrädern auf sich hat und klopfen. IoT Venture stellt E-Bike-Tracker her — und das extrem erfolgreich. Das Unternehmen war einer der ersten Mieter im HUB31, bezog Ende 2017 Büroräume in der Hilpertstraße. Seitdem ist IoT Venture auf über 50 Mitarbeiter angewachsen. Die Arbeitsfläche wirkt wie eine Symbiose aus Werkstatt und Büro — hier stehen Computer und 3D-Drucker neben E-Bikes und Schränken und Schubladen mit Dutzenden von Schraubenziehern und ähnlichen Utensilien.

Labore, Werkstätten und lange Gänge
Unsere Führung im HUB31 neigt sich ihrem Ende. Wir machen einen kurzen Abstecher in die zweite Etage, die aufgrund der großen Nachfrage erst im Laufe der Zeit Teil des Hubs wurde. Hier befindet sich ein Entspannungsraum: Helle Farben, ein Sofa sowie ein großes Sitzkissen laden zum Chillen ein. „Viele nutzen den Raum, um kurz abzuschalten“, sagt Abascal. Wer möchte, kann sich aber auch eine der vielen Yoga-Matten schnappen oder meditieren.
Der letzte Abstecher führt uns zu Räumlichkeiten, die in den Gründerzentren Hessens einmalig sind: Nirgends sonst gibt es Labore und Werkstätten. Gemeinsam mit dem Verein LAB3 können die Teams Prototypen fertigen, außerdem werden sie von Experten im 3D-Druck, IT-Bereich aber auch Kunst und Biochemie unterstützt. Obwohl wir durch die Größe des HUB31 schon lange die Orientierung verloren haben, finden wir uns schließlich im Eingangsbereich wieder.
Uns kommen junge Menschen entgegen, es ist Nachmittag und langsam wird es voller. Ich frage mich, wie oft man bei der Menge an Unternehmen im HUB31 auf neue Gesichter stößt, und wie viele man irgendwann kennt. Um den Ruf als Gründerstadt braucht sich Darmstadt definitiv keine Sorgen zu machen. Die Kapazitäten der Büroräume sind immer voll ausgeschöpft. Und wenn ein Unternehmen auszieht, haben neue Ideen eine Chance, hier verwirklicht zu werden.
Titelbild: David Seddig
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