„Der ganze Fake-Scheiß kann weg“ – eine Influencerin über Social Media
Vom Hörsaal vor die Kamera: Nach ihrem Studium startet Malu auf TikTok durch. Im Interview spricht sie offen über Fake-Vorwürfe, wie sie mit Social Media Geld verdient und den Druck, täglich Content zu liefern.
„Hi, ich bin Malu und ich habe einen Kreuzbandriss“ – so beginnen aktuell einige Videos der 23-jährigen Micro-Influencerin nach ihrem Skiunfall. Seit zwei Jahren teilt Malu regelmäßig Einblicke aus ihrem Alltag mit 12.000 Follower:innen auf TikTok. Ihre Videos drehen sich vor allem um Mode, aber auch persönliche Meilensteine – vom abgeschlossenen Studium über den ersten Job bis hin zur Reha nach ihrem Kreuzbandriss. Abseits ihrer Rolle als Influencerin hat die Darmstädterin ein Studium in Onlinekommunikation abgeschlossen und ist heute im digitalen Marketing aktiv. Den Einstieg in die Content-Welt fand sie während eines Praktikums bei InStyle in München. Dort begann sie, täglich ihre Outfits und den Redaktionsalltag zu zeigen. Mit Erfolg: Der Kanal wuchs schnell und Malu rutschte in die Fashion-Influencer-Welt.
Gab es den einen Moment, in dem dir bewusst wurde: Das ist mehr als nur ein Hobby?
Ja, ziemlich schnell sogar. Wenn man regelmäßig Videos postet, sieht man in den Kommentaren irgendwann immer wieder dieselben Namen. Dann merkt man, da entsteht eine Community. Irgendwann kamen auch Freunde auf mich zu und haben gesagt: „Hey, eine Freundin hat dich auf TikTok gesehen.“ Ab da wurde mir klar, dass es größer ist, als ich dachte. Trotzdem frage ich mich oft, warum interessiert sich überhaupt jemand für mich? Ich bin auch nur eine ganz normale Person, gehe arbeiten und lebe mein Leben wie alle anderen auch. Trotzdem bin ich natürlich stolz und wenn ich mir dann mal so eine Masse von 10.000 Menschen vorstelle, ist das ein verrücktes Gefühl.
Was unterscheidet dich von anderen Influencer:innen?
Für mich ist es wichtig, ehrlich zu sein und mir selbst treu zu bleiben. Ich retuschiere nichts und zeige meine echte Welt. In meinen Kreuzbandriss-Videos zum Beispiel habe ich meine Emotionen ehrlich gezeigt. Direkt aus dem Krankenhaus, wie es mir wirklich ging, wie frustrierend das war. Auch, dass man sich mal richtig schlecht fühlt. Natürlich bin ich nicht die Einzige, die mehr Echtheit auf Social Media bringt und das ist gut so. Denn es gibt noch immer viele, die gestellte, unrealistische Inhalte zeigen. Dafür stehe ich nicht. Der ganze Fake-Scheiß kann weg.
Wie viel Arbeit steckt wirklich hinter deinem Content?
Ich möchte den Job als Content Creator nicht kleinreden – es ist Arbeit. Man muss ständig kreativ denken, Ideen entwickeln und performen. Wenn man das Ganze ernst nimmt und wirklich wachsen möchte, muss man eigentlich täglich posten. Und täglich posten in meinem Fall bedeutet, ich muss jeden Tag neben meiner eigentlichen Arbeit Konzepte erstellen und drehen. Ein Video dauert schnell zwei Stunden zum Drehen und nochmal eine zum Schneiden. Trotzdem muss ich sagen, es ist ein privilegierter Job. Vor allem, wenn man das hauptberuflich macht. Aber man darf nicht unterschätzen, wie viel Zeit, Kopf und Mühe man da reinsteckt.
Was verdienst du mit Social Media und ab wann lohnt es sich finanziell?
Richtig Geld verdiene ich erst seit diesem Jahr, seit ich die 10.000-Follower-Marke geknackt habe. Hauptsächlich über Kooperationen und das TikTok-Creator-Programm. Da können sich Profile ab 10.000 Follower anmelden und bekommen pro Video ab einer Minute Länge Geld, abhängig von den Views. Da ein Video immer weiterläuft und ich es in der Regel nicht lösche, verdiene ich immer weiter daran. Pro Video verdiene ich aktuell etwa. 60 Euro. Das ist natürlich individuell und kein festes Einkommen. Es kommt darauf an, wie viel ich poste und wie viele Kooperationen ich annehme. Davon leben kann ich im Moment noch nicht, aber als Nebeneinkommen ist es super.
Auf der Arbeit Social Media, privat Social Media – ist dir das nicht zu viel?
Ja, manchmal habe ich den Gedanken, dass ich ständig am Handy hänge und permanent auf Social Media unterwegs bin. Aber ich kann das gut trennen, da ich bei meinem Job nicht nur Social Media, sondern auch generelles Marketing mache. Und dadurch, dass ich es nicht für mich selbst, sondern für ein Unternehmen mache, fühlt sich die Arbeit anders an. Mein eigener Kanal bringt mir einfach nur Freude. Ich entscheide selbst, welche Videos ich mache, mit welchen Brands ich zusammenarbeite. Und ich weiß: Wenn ich morgen keine Lust mehr habe, höre ich einfach auf. Ich bin finanziell nicht darauf angewiesen.
Was sagst du zu dem Vorurteil, dass Influencer:innen fake sind?
Das kommt auf die Person an. Auf Events merke ich oft, dass sich manche ganz anders verhalten als online. Da geht es nur ums perfekte Bild, sie sitzen stundenlang in der Ecke, bearbeiten Fotos und interagieren kaum mit anderen oder hören den Kunden gar nicht richtig zu.
Aber jeder Creator ist auch nur ein Mensch. Nur weil jemand online anders wirkt, ist nicht alles automatisch fake. Man darf nicht vergessen: Als Zuschauer sieht man nur einen kleinen Ausschnitt und nur das, was die Blogger zeigen wollen. Dadurch entsteht oft ein unrealistisches Bild. Deshalb finde ich es so wichtig, Social Media mit Abstand zu konsumieren, sich nicht ständig zu vergleichen und die Inhalte zu hinterfragen. Deswegen möchte ich echte, ehrliche Momente teilen und den Zuschauern zeigen: Ich bin nicht perfekt, ich habe auch schlechte Tage und dieselben Struggles wie alle anderen. Nur so kann man diese Scheinwelt auf Social Media aufbrechen.
Titelbild: Privataufnahme von Malu
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