Der Traum von der eigenen Ausstellung
Als kunstschaffende Person eine eigene Ausstellung realisieren – das ist für viele ein Traum. Aber wo gibt es in Darmstadt dafür Anlaufstellen? Eine Architekturstudentin und ein Architekt sprechen über die Möglichkeiten und ihre Erfahrungen.
Ein White Cube an der Hochschule
An der Hochschule Darmstadt (h_da) gibt es den sogenannten Schauraum. Der kleine White Cube mit Fensterfront befindet sich neben der Mensa Schöfferstraße. Studierende können diesen beim Verantwortlichen Christian Jung anfragen und für einen bestimmten Zeitraum nutzen. Ob Einzelpersonen, Fachbereiche oder Beschäftigte der h_da – alle sind willkommen, Jung ein Konzept zuzuschicken.
Bisher seien es nur studiumsbezogene Ausstellungs-Projekte gewesen, sagt er. Was also, wenn Studierende ein privates Fotografieprojekt oder ihre Kunst ausstellen wollen? „Auch in so einem Fall können uns gerne Ideen zugeschickt werden und wir schauen, ob das ermöglicht werden kann“, so Jung. Die Nutzung des Schauraums selbst ist kostenfrei, von der IT-Abteilung der Hochschule soll es technische Unterstützung geben und auch ein Ausstellungssystem aus Tischen, Stellwänden und Staffeleien steht zur Verfügung. Des Weiteren besteht die Möglichkeit für werbliche Unterstützung wie Plakatdruck oder Folienbeklebung der Schauraum-Fenster.
Eine Ausstellung aus dem Stegreif heraus?
Franziska Leicht, Architekturstudentin im Master, hat im April 2025 für den Schauraum eine Ausstellung realisiert. Die Idee entstand bei einem sogenannten Stegreif, bei dem Studierende ihre Konzepte präsentierten, sozusagen aus dem Stegreif heraus. Das Thema war, eine Ausstellung zum Instagram-Account des Fachbereichs zu konzipieren. Die Idee von Franziska und ihrer Kommilitonin gewann, und die beiden konnten ihre Ausstellung „@fba_hda – behind the feed“ planen. Das Budget lag zwischen 2500 und 3000 Euro, bezahlt vom Fachbereich.
Franziska war bei der Organisation nicht allein, sondern hatte ein kleines Team mit ihren Kommiliton:innen. „So etwas bekommt man nur gemeinsam hin. Wir waren ein richtig cooles Team und alle, die ich spontan nach Hilfe gefragt habe, waren direkt bereit, wenn sie Zeit hatten.“ Dennoch hatte Franziska bei der Ausstellungsvorbereitung alle Hände voll zu tun, führte Telefonate, realisierte Fototermine und vieles mehr. „Diese Ausstellung auf die Beine zu stellen, hat mich gestresst und zweifeln lassen, aber am Ende auch sehr beflügelt und mir gezeigt, dass solche Management-Aufgaben mein Ding sind“, sagt sie.
An wen wenden sich Nicht-Studierende? Auch hierzu hat Darmstadt verschiedene Möglichkeiten.
Orte für Begegnung schaffen
Das open.form Darmstadt in der Rundeturmstraße 16 stellt seit Anfang 2025 seine Räumlichkeiten für Veranstaltungen, Ausstellungen, Workshops oder als Ort für Drehs und Shootings zur Verfügung. Die Menschen dort nutzen das Konzept der „Urban Commons“: Die Fläche wird gemeinschaftlich genutzt und zur Verfügung gestellt. Dahinter steckt die Firma social.form, ein Architektur-Planungsbüro, das tagsüber dort auch arbeitet. Abends, am Wochenende oder für längere Zeiträume lässt sich der Raum neben dem Büro von social.form anmieten. Open.form selbst bezeichnet sich als „offener Raum für Diskurs und Begegnung rund um Architektur, Design und Stadtgemeinschaft.“ Wer bereit ist, Miete zu zahlen, kann eine individuelle Anfrage mit Idee für den Raum schicken. Jurek Werth, der ursprünglich aus Griesheim kommt, ist Architekt und Inhaber von social.form. Er und sein Team bewerten individuell, ob sich der Ausstellungsplan umsetzen lässt; von parteipolitischen oder religiösen Veranstaltungen distanzieren sie sich jedoch.
„Uns fehlt in Darmstadt ein bisschen der Austausch auf der Design- und Architekturebene außerhalb der Unis. Wir wollen einen Ort für Diskurs schaffen, für ein junges Netzwerk“, sagt Jurek. Er beschreibt das open.form als eine Art Experiment, bei dem sie die Fläche zur Verfügung stellen und schauen möchten, wer dieses Angebot annimmt und wie die Fläche bespielt werden soll.
Bisher fanden dort vor allem design- und architekturbezogene Events und Ausstellungen ihren Platz. Kunst, Kultur und Musik sind laut Jurek im open.form aber genauso willkommen. „Ich finde es wichtig, dass es neben dem Konsum Orte in der Stadt gibt, die zugänglich sind. Es kann als Begegnungsort oder kleines Kulturzentrum verstanden werden.“ Derzeit hat der Raum eine teils unverputzte Wand, ob sich daraus ein White Cube entwickeln wird, soll sich zeigen. „Professionell gestaltet, aber mit minimalsten Eingriffen“ – so möchten Jurek und sein Team die Haltung bewahren. „Wir sind eher auf Prozesse als auf das Endprodukt fokussiert.“
Kunst und Kultur überall
Ein weiterer Ort, der sich an junge kunstschaffende Personen richtet, ist das Zucker e.V. in der Liebfrauenstraße 66. Das Schaufenster lässt sich für 15 Euro anmieten und der Kunstraum für 55 Euro pro Tag. Ziel von Zucker sei es, Kunst und Kultur jeder und jedem zu einem geringen Preis zur Verfügung zu stellen. Besonders eine jüngere Zielgruppe, prinzipiell jedoch Kunstschaffende jeden Alters, werden hier unterstützt. So finden in regelmäßigen Abständen Ausstellungen, Konzerte, Theater und Gemeinschaftsaktionen statt.
Auch das Blumen e.V., das leerstehende Flächen für kreative Orte der Begegnung bespielt, öffnet nach einer längeren Pause wieder seine Türen. In den kommenden Monaten findet das Opening in seiner neuen Location in der Saalbaustraße 37 statt. Im Blumen gibt es Café-Tage, Bar-Abende, Ausstellungen, Livemusik, Workshops, Performances und Filmabende. Auf die Frage, ob man dort eine eigene Ausstellung realisieren kann, schreiben sie: „Wir sind immer offen für Anfragen. Grundsätzlich vermieten wir unsere Räume nicht, sondern stellen sie zur Verfügung, wenn wir uns für einen Vorschlag entscheiden. Unser Verein ist gemeinnützig. Unser Zweck ist unter anderem, besonders jungen Künstler:innen eine Plattform zu bieten.“
Die Stadt Darmstadt bemüht sich aktuell sehr darum, leerstehende Flächen mit Ausstellungen oder Pop-up-Stores zu beleben. Das Stadtmarketing Darmstadt kümmert sich mit dem sogenannten „Stadtpunkte“-Konzept um die Nutzung leerstehender Flächen. Zusätzlich gefördert wird das Konzept vom Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.
Egal ob eine Ausstellung in der ehemaligen McDonald`s-Filiale am Ludwigsplatz oder die im April und Mai bestehende Pop-up-Kunstzentrale mit Open-Gallery-Abenden für Kunstschaffende – auch in der Innenstadt ergeben sich viele Möglichkeiten.
An vielen Ecken der Stadt oder der freien Kulturszene kann es sich also lohnen, eigene Ideen einzubringen und zu verwirklichen.
Titelbild: Anna Weingärtner
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Auf den Blickwinkel kommt es an
Seit 2020 erkundet Peter Albert Darmstadts Bezirke mit der Handykamera – auf der Suche nach besonderen Details im Alltäglichen. Jetzt steht die letzte Etappe seines Fotoprojekts an: das Johannesviertel.