Interstellar als Theaterstück – Ein Medium an der Grenze

„Im Theater wird doch nur altes Zeug gespielt” – ein Vorurteil, das nicht weniger als 100 Lichtjahre von der Wahrheit entfernt sein könnte. Das beweist „Interstellar – Zwischen den Sternen” im Staatstheater Darmstadt. Das Stück adaptiert den Kinofilm von Christopher Nolan, der 2014 erschien. Am Samstag, dem 3. Mai, ging die Uraufführung zu Ende, bis das Stück am 26. September zurückkehren wird.

Bild: Ulrich Mathias

So kommt ihr kostenlos ins Theater

Wer denkt, ein Abend im Theater sei für arme Student:innen zu teuer, wird überrascht: Als Studierende an Darmstädter Universitäten (Akademie für Tonkunst Darmstadt, Evangelische Hochschule Darmstadt, Hessische Theaterakademie, Hochschule Darmstadt und Technische Universität Darmstadt) habt ihr bei den meisten Aufführungen im Staatstheater kostenlosen Eintritt

Dafür könnt ihr frühestens drei Tage vorher bei der Vorverkaufskasse euren Studierendenausweis vorzeigen. Dort erhaltet ihr beim ersten Mal einen Kulturpass, den ihr auch für weitere kompatible Aktivitäten nutzen könnt. Bei der Buchung steht euch mit dem Gutscheincode jeder freie Platz im Theater zur Auswahl. Die Karte inklusive Strichcode gibt es dann per Mail aufs Handy und ihr werdet am Veranstaltungsabend direkt in den Saal gelassen. Beim ersten Mal ist der Prozess etwas umständlich, aber beim nächsten Mal deutlich erleichtert.

Da das Staatstheater direkt an die Innenstadt angrenzt, sollte der Weg mit Öffis kein Problem darstellen. Wer mit dem Auto anreist, kann das Parkhaus des Theaters nutzen. Schließlich enthält das Ticket auch einen Parkrabatt.

Bild: Christopher Holler

Per aspera ad astra

Besonders auffällig war an dem Abend, dass hauptsächlich ältere Leute im Publikum saßen. Doch auch ein beachtlicher Anteil von Leuten unter 30 sah sich ebenfalls das Stück an. Das lag vermutlich am adaptierten Werk. Die Veranstaltung und die Bar im Theater waren gut gefüllt, aber nicht ausverkauft. Ob das bei der Rückkehr des Stücks im September anders sein wird, steht also noch in den Sternen.

Interstellar erzählt vom Piloten Cooper, der seine Kinder auf einer vom Klimawandel fast zerstörten Erde zurücklassen muss, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Dabei begibt er sich mit einem Team auf eine jahrzehntelange Reise ins All mit der Hoffnung, eines Tages zurückzukehren. Der Plot des Films ist auch im Theaterstück größtenteils unverändert und somit aktueller denn je. 

Wer aufgepasst hat, versteht inzwischen, dass es sich bei Interstellar um ein Werk aus der Science Fiction handelt. Während Christopher Nolan noch den Luxus hatte, mit CGI für atemberaubende Bilder zu sorgen, ist die Theaterbühne allerdings auf andere Techniken angewiesen. 

So werden alle Effekte auf der Bühne erzeugt. Mithilfe von zwei wandgroßen Bildschirmen und mehreren angeschlossenen Kameras werden aus unscheinbaren Wattebällchen eindrucksvolle Wolken und die Welt des Eisplaneten passt auf einen kleinen Tisch. Besonders das Verhalten in Schwerelosigkeit wirkt authentisch und der Gravitationseffekt des Bücherregals ist hervorragend getroffen. Gleichzeitig sind die meisten Darstellungen nachvollziehbar und dennoch überzeugend gestaltet. 

Obwohl die visuellen Effekte schön gemacht sind, stößt das Theater als Medium an seine Grenzen, wenn es um einen fünfdimensionalen Raum wie bei Interstellar geht. Das gilt aber fairerweise auch für den Film.

Nolan ohne Zimmer

Die Dialoge sind größtenteils direkt aus dem Filmskript entnommen, doch wurden von den Darsteller:innen grandios umgesetzt. Schließlich steht beim Theater nicht primär die Handlung im Rampenlicht, sondern die Präsentation der Schauspieler:innen und Produzent:innen, die die Werke adaptieren. 

Die Leistung der fünf Darbietenden war auf hohem Niveau und sehr ausgeglichen. Das zeigte sich vor allem darin, dass vier der Crewmitglieder im Laufe des Abends in verschiedene Rollen schlüpften. Dabei behielten sie stets die silbern glänzenden Bodysuits an, die mit farbigen Perücken sowie bunten Stoffstücken ergänzt wurden. Dadurch entstand ein geradezu außerirdischer Look.
Dennoch machten sich bei musikalischen Darbietungen, die über das Stück verteilt waren, schon eher ein paar Ungleichmäßigkeiten in der Performance bemerkbar. Zwar ist die bekannte Cornfield Chase von Hans Zimmer kein einziges Mal zu hören. Dafür wird Always on my Mind von Brenda Lee, das vor allem durch die Interpretation der Pet Shop Boys bekannt wurde, mehrfach zum Besten gegeben.

Bild: Christopher Holler

Handlung gekrümmt wie die Raumzeit

Während der Film mit einer Laufzeit von nahezu drei Stunden ordentlich Sitzfleisch erfordert, ging das Licht im Zuschauerbereich hier schon nach ungefähr 80 Minuten wieder an. Das liegt daran, dass die Exposition sowie einzelne Handlungsstränge erheblich beschleunigt wurden, damit die Reise ins All möglichst schnell beginnt. 

Wer das Original gesehen hat, kann der Geschichte daher ohne Probleme folgen. Falls ihr allerdings mit dem Theaterstück eure erste Erfahrung mit Interstellar macht, werdet ihr eure Verständnisschwierigkeiten haben. Was wiederum gut erklärt wird, sind die Prinzipien von Relativität und Wurmlöchern. Letzteres bedient sich dafür nahezu deckungsgleich an der entsprechenden Filmszene.

So startet die eigentliche Handlung erst nach einem eindrucksvollen Prolog, in dem die antike Geschichte des Horatiers adaptiert wird, und wird auch nicht zum Abschluss wie im Film erzählt. Stattdessen werden in der Spielzeit Parallelen zwischen Interstellar und dem Kultfilm Casablanca sowie dem Horatier gezogen. Durch die zwei Parabeln fügt das Stück dem Original einiges an Tiefe hinzu, doch Nolan-Neulinge könnten in ein schwarzes Loch aus Fragen fallen.

Titelbild: Staatstheater Darmstadt

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