Pakete aus der Luft – Lieferdrohnen im Anflug

Bequem von zu Hause bestellen. Die Lieferoption: per Air-Express. Das Paket wird über eine Drohne geliefert. Klingt futuristisch, könnte aber schon bald Realität sein.

Um was geht´s genau?

An der TU Darmstadt arbeiten Forscherinnen und Forscher zusammen mit der University of Sheffield im Fachgebiet Simulation, Systemoptimierung und Robotik daran, den Energieverbrauch von Lieferdrohnen deutlich zu senken. Ziel ist es, den Einsatz solcher Drohnen in städtischen Gebieten effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Dabei geht es vor allem um die Zustellung vom Logistikzentrum bis zur Haustür. „Lieferdrohnen sind auf dem Vormarsch“, sagte Roderich Groß, Professor für Resilient Cyber-Physical Systems an der TU Darmstadt, kürzlich dem Darmstädter Echo.

Das Forschungsteam entwickelt dafür einen Algorithmus, der den Energiebedarf jeder Lieferung so präzise wie möglich berechnet. Das geschieht anhand verschiedener Faktoren: das Gewicht des Pakets, die Höhe umliegender Gebäude, Windbedingungen oder der Standort von Ladepunkten. Drohnen sollen nicht nur die kürzeste, sondern auch die nachhaltigste Route wählen.

Städtische Herausforderung

Während die TU fleißig an der Effizienz der Geräte arbeitet, stellt sich eine andere Frage: Wie kann eine Stadt den Lieferverkehr regulieren? Noch ist nämlich nicht klar, wer denn überhaupt für den Drohnenverkehr zuständig ist. Luftfahrtbehörde, Ordnungsamt oder Stadtplanung?

Marktplatz in Darmstadt: Fliegen hier schon bald die Lieferdrohnen? Bild: Mathias Ulrich, Stadt Darmstadt

Neben der Frage, wer den Überblick hat, würde die Stadt auch vor praktischen Herausforderungen stehen. Wo dürfen Drohnen überhaupt fliegen, welche Sicherheitszonen sind notwendig und wie lässt sich sicherstellen, dass der städtische Luftraum nicht zur Dauerbaustelle für Fluggeräte wird?

Bisher gibt es weder konkrete Vorgaben noch klare Pläne für eine passende Integration der Lieferdrohnen. Vieles hängt auch von politischen Entscheidungen auf Landes- und kommunaler Ebene ab. Auch im Hinblick auf Lärmbelästigung und Umweltschutz müsste die Politik klare Regelungen treffen. Denn auch elektrisch betriebene Drohnen machen Lärm, insbesondere beim Start und der Landung. Wie offen Darmstadt für diese technologische Entwicklung ist, bleibt abzuwarten.

Wer regelt den Verkehr im Himmel?

Auf den Straßen sorgen Verkehrszeichen, Ampeln und Tempolimits dafür, dass Ordnung herrscht. In der Luft sieht das bisher anders aus. Wer für den sogenannten „Luftraum unter 120 Metern“ zuständig ist – der Bereich, in dem die Lieferdrohnen fliegen würden – hat man in Deutschland grundsätzlich geregelt. Die Zuständigkeiten sind allerdings etwas komplex. So teilen sich das Luftfahrtbundesamt, die Deutsche Flugsicherung und die jeweiligen Landesluftfahrtbehörden die Verantwortung. Für Darmstadt würde das bedeuten, man müsste sich eng mit diesen Behörden abstimmen, um einen geregelten Drohnenbetrieb zu ermöglichen.

Wer eine Drohne privat oder kommerziell fliegen möchte, braucht eine Betriebserlaubnis. Das regelt die Luftverkehrs-Ordnung (§21h LuftVO). Es müssen bestimmte Sicherheitsabstände eingehalten werden und gewisse Zonen wie Wohngebiete oder Krankenhäuser unterliegen strengen Auflagen. Für Lieferdrohnen, die regelmäßig und automatisiert fliegen sollen, braucht es nicht nur technische Lösungen, sondern auch ein rechtliches Konzept.

Wer eine Drohne fliegen möchte, muss sich an bestimmte Regeln halten. Bild: pexels

Gleichzeitig müsste geklärt werden, wie man Abstürze oder Ausfälle absichern kann. Wer haftet, wenn es zu einem Unfall kommt? Fragen, die so leicht rechtlich nicht zu beantworten sind.  Auch wenn der Luftraum über Privatgrundstücken bundesweit geregelt ist, stellt sich für Städte wie Darmstadt die Frage, wie solche Regeln in der Praxis durchgeführt werden sollen. Der Luftraum über einem Grundstück gehört theoretisch dem Eigentümer. Laut § 905 BGB darf man nicht alles über dem eigenen Grundstück verbieten. Man darf aber ein berechtigtes Interesse daran haben, dass der eigene Luftraum nicht unangemessen genutzt oder verletzt wird. Um dem entgegenzuwirken, könnte ein Start-Up aus Nordrhein-Westfalen die passende Idee haben.

Das Unternehmen Skynopoly möchte den Luftraum über privaten Grundstücken kommerzialisieren. So sollen Grundstückseigentümer ihre Überflugrechte an das Unternehmen verpachten oder verkaufen können. Anschließend werden diese sogenannten „Luftstraßen“ an kommerzielle Anbieter wie etwa Amazon vermarktet.

Solch ein Modell würde für Darmstadt ebenfalls interessant werden. Vor allem, wenn künftig großflächige Drohnenrouten über Wohngebiete hinweg geplant werden würden.

Wie realistisch ist ein Pilotprojekt?

Bislang hat Darmstadt nichts Konkretes zum Thema Lieferdrohnen angekündigt. Im benachbarten Weiterstadt erprobt sich ein anderes Unternehmen mit der Devise „Delivery by air.“ Das Start-Up Wingcopter möchte mit Drohnen Lebensmittel und Konsumgüter in ländliche Ortsteile liefern und zeigt: Südhessen kann als Testregion für Drohnenlogistik angesehen werden.

Die Forschung an der TU Darmstadt liefert die technologische Grundlage für die Zukunft. Der entwickelte Algorithmus wurde über acht Wochen lang in einem sogenannten Multi-Simulator getestet. Nach Angaben der Universität zeigte sich dabei ein deutlicher Fortschritt gegenüber bisherigen Verfahren. Die Drohnen lernten nicht nur, ihren Energieverbrauch realistisch einzuschätzen, sondern auch, ob sie eine Lieferung übernehmen können. Die Technologie ist in einem Simulationsumfeld bisher ausgereift. Für ein Pilotprojekt in Darmstadt bräuchte es unter anderem politische Unterstützung, rechtliche Rahmenbedingungen und geeignete Partner aus der Logistikbranche.

Was sagen Studierende dazu?

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie junge Menschen zu möglichen Lieferdrohnen stehen, habe ich mich auf dem Campus der Hochschule Darmstadt umgehört. In einer kurzen Befragung haben vier Studierende ihre Einschätzungen zu dem Thema gegeben: Neugier und Skepsis.

Laura (24) findet die Idee grundsätzlich smart. Sie hat aber Bedenken, dass Drohnen mit Vögeln kollidieren könnten. Trotzdem sehe sie in energieeffizienten Zustellungen eine Chance für die Zukunft. Sibel (20) betont den praktischen Nutzen. „Dann muss man nicht mehr auf Boten warten, die direkt nach dem Klingeln verschwinden.“ Zugleich hat sie aber Bedenken, dass Arbeitsplätze so verloren gehen könnten.

Auch unter den befragten männlichen Studis war das Thema Jobverlust der erste Gedanke. Einer merkte an, dass Drohnen gesetzlich unter 250 Gramm wiegen müssten, um einfacher bedient zu werden. „Das schränkt doch die Traglast erheblich ein“, meint der Student. Ein anderer hat ein Problem mit der Infrastruktur angemerkt. Nicht alle Gebäude ließen sich problemlos anfliegen, vor allem in Großstädten wie Frankfurt. Die Stimmen zeigen, dass die praktische Umsetzung bei jungen Menschen noch vor großen Hürden steht.

Technik braucht Politik

Die Zukunft hat längst begonnen. Lieferdrohnen versprechen schnellere Lieferungen, weniger Verkehrsaufkommen auf den Straßen und eine neue Ära der städtischen Logistik. Doch mit all dem Fortschritt kommen auch neue Fragen auf. Wer kontrolliert den Luftraum, wie lässt sich Privatsphäre schützen, und wer profitiert am Ende wirklich von der neuen Technik?

Technologisch ist bereits vieles machbar. Die Forschung liefert funktionierende Konzepte und Start-Ups zeigen Möglichkeiten, diese anzuwenden. Damit aber Lieferdrohnen wirklich Teil des Darmstädter Alltags werden können, braucht es mehr als Simulationen. Es braucht Regelungen und ein Zusammenspiel von Stadtplanung, Behörden und Anbietern. Ob wir bald unsere Pakete mit Air Express geliefert bekommen, hängt also davon ab, wie aktiv die Politik die Umsetzung antreibt.

Titelbild: pixabay

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