Sport auf dem Dorf
Sportvereine prägen oft die Kindheit und Jugend. Gerade auf dem Dorf gibt es nur wenige andere Freizeitmöglichkeiten. Drei junge Menschen berichten von ihren Erfahrungen.
Bolzplatz, Sporthalle oder Vereinsheim – solche Orte prägen unser Bild von Dörfern und kleinen Gemeinden in Deutschland. Gerade für junge Menschen sind Sportvereine in ländlichen Regionen oft das einzige Freizeitangebot neben dem Schulalltag. Sie bieten Raum für Bewegung und Wettkampf und machen Gemeinschaft erlebbar. Doch wie viele andere zivilgesellschaftliche Organisationen haben auch Sportvereine mit Herausforderungen zu kämpfen. Wir haben drei junge Menschen gefragt: Wie blickt ihr auf eure Sportvereine? Wo seht ihr Probleme? Und was braucht es, damit die Zukunft von Sportvereinen gesichert werden kann?
„Ich habe das Gefühl, dass sich niemand festlegen möchte.”



Bilder: Lorenz Krabatsch
Lorenz, 21 Jahre, war in seiner Jugend Mitglied in einem BMX-Race-Verein und ist bis heute als Trainer und Vorstandsmitglied in der Radsportgemeinschaft Ober-Ramstadt aktiv.
„Über Freunde bin ich als Jugendlicher zum BMX-Race gekommen. Gerade der Wettbewerbscharakter, den die Sportart mit sich bringt, war für meine Entwicklung wichtig. Der Sport konnte mir noch einmal auf einem anderen Weg vermitteln, wie und warum man für seine Ziele kämpfen muss.”
Während seiner Schulzeit entstand dann aus dem Engagement zweier Lehrer ein Bikepark auf dem Sportgelände. Dieser wurde der Radsportgemeinschaft Ober-Ramstadt angegliedert. 2022 übernahm Lorenz dann den Trainerposten sowie den stellvertretenden Vorsitz in der Sparte Mountainbike.
„Gerade am Anfang endeten Ideen und Vorstellungen wegen des hohen Altersunterschieds zwischen Vorstand und der Mountainbike-Sparte oft im Nichts oder wurden abgeblockt. Das ,Warum’ kann man, glaube ich, mit dem Generationskonflikt beantworten. Ein weiteres Problem in dem Verein ist immer noch die geringe Anzahl von jungen Menschen, die Verantwortung übernehmen wollen. Viele meiner Freunde sind nicht in einem Verein aktiv, machen aber trotzdem Sport, zum Beispiel im Gym oder einfach nur für sich. Ich habe das Gefühl, dass sich niemand festlegen und auch keine Verpflichtungen eingehen möchte, die mit einem Eintritt in einen Verein nun mal kommen.”
Es gebe aber auch Gegenbeispiele, betont Lorenz. „In meinem Heimatdorf ist es seit 40 Jahren Tradition, ein Kirchweihfest zu veranstalten. Das wird meistens von Jugendlichen aus dem Dorf ausgerichtet. Auch dieses Jahr sind wir wieder 20 Jugendliche, die sich zusammen um dieses dreitägige Fest kümmern. Ich glaube, für viele ist das Mithelfen bei so einem Fest wichtig, um den Bezug zu ihrer Heimat nicht zu verlieren und dem Dorf, in dem man groß geworden ist, etwas zurückzugeben.”
Einen Königsweg, um die Jugend wieder mehr für die Vereinsarbeit zu begeistern, hat er nicht. „Ich denke allerdings: Wenn man auf die jungen Menschen zugeht, ihnen Verantwortung anvertraut und sie auch bestärkt in dem, was sie machen, dann kann das Interesse an solchen Vereinen wieder zurückkehren.”
„Basketball war viele Jahre ein großer Teil meines Lebens.”
Finn, 22 Jahre, hat seit seiner Kindheit viele Jahre Basketball bei den SKG Roßdorf Torros gespielt. Inzwischen hat er mit dem Sport aufgehört – nicht nur wegen des Studiums.
„Der Verein hat mich lange begleitet und in dieser Zeit habe ich viele schöne Erinnerungen gesammelt. Vor allem der Teamgeist und das gemeinsame Ziel, als Mannschaft Erfolge zu erzielen, haben mir viel bedeutet. Durch den Sport konnte ich enge Freundschaften knüpfen, die auch über das Spielfeld hinaus bestehen.”
Für Finn hieß es irgendwann dann jedoch Abschied nehmen vom Vereinsleben. „Leider hat sich die Stimmung im Verein in den letzten Jahren merklich verschlechtert. Es gibt immer weniger Mitglieder, und auch die Zahl derer, die aktiv in den Mannschaften spielen wollen, nimmt ab. Besonders schwierig ist es, engagierte Schiedsrichter und Trainer zu finden – was natürlich den gesamten Spielbetrieb belastet. Diese Entwicklung war ein Grund, warum ich aufgehört habe. Es hat sich schlichtweg kein Trainer gefunden, und ich bin außerdem für mein Studium umgezogen. Trotzdem war es keine leichte Entscheidung – Basketball war viele Jahre ein großer Teil meines Lebens.
Damit Vereine in Zukunft Mitglieder gewinnen und halten können, ist aus Finns Sicht vor allem mehr Unterstützung nötig – sei es durch Schulen, Kommunen oder gezielte Förderprogramme. „Wichtig ist auch, dass sich Vereine modernisieren, offen für neue Ideen sind und eine gute Öffentlichkeitsarbeit machen, um wieder mehr junge Menschen anzusprechen.”
„Durch Vereine kommen die verschiedensten Menschen zusammen und werden eine riesige Familie.”

Tessa, 18 Jahre, spielt seit zehn Jahren Basketball beim Basketball Club Darmstadt (BCD). Mit einer Freundin trainiert sie außerdem die weibliche U10. Wegen einer Spielgemeinschaft fand das Training in ihrer Jugend oft in einem Roßdörfer Verein statt.
„Die Unterschiede zwischen Sportvereinen in der Stadt und auf dem Dorf sind meiner Meinung nach ziemlich groß. Auf dem Dorf ist es viel einfacher, eine große Community zu bilden. Außerdem gibt es zum Beispiel in Roßdorf viel mehr Hallenkapazität als in Darmstadt. Sportvereine auf dem Dorf spielen für die Menschen dort eine viel gravierendere Rolle, einfach weil sie häufig das einzige Angebot in der Nähe sind. Der Verein und die Mannschaft können dann ganz schnell zur obersten Priorität werden. Das hat man auch bei uns früher gemerkt.”
Sich für einen Sport verpflichten zu wollen – das könne nicht jeder nachvollziehen. „Wir hatten mindestens drei Mal die Woche Training und ein Spiel am Wochenende. Das hat schon immer sehr viel Zeit in Anspruch genommen, aber das war gut so. Wenn Training war, war das wichtiger als alles andere. Das ist eine Einstellung, die viele meiner Freunde, die nie Mannschaftssport gemacht haben, nicht nachvollziehen konnten.”
Für Tessa geht es beim Basketball nicht nur um den Sport an sich. „Der Verein ist für mich zu einer sehr wichtigen Community geworden. Während der Saison ist eigentlich jedes Wochenende mit Spielen verplant. Ich liebe es, Zeit in der Halle zu verbringen und merke immer wieder, wie natürlich es sich anfühlt, dort zu sein.”
Ohne Ehrenamt geht es aus ihrer Sicht nicht. „Es gibt mittlerweile sehr wenige Menschen, die sich ehrenamtlich als Coach engagieren wollen. Das ist sehr schade, weil es den gesamten Verein gefährdet. Ich würde mir wünschen, dass sich das ändert. Denn durch Vereine kommen die verschiedensten Menschen zusammen und werden eine riesige Familie. Diese Art von Gemeinschaft gibt es einfach in keinem anderen Kontext – und das macht die Vereine so wichtig.”
Titelbild: Canva
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