Student Vladimir (25) mit einem Teil seiner Ausrüstung zum studentischen Fechten vor einem Fenster. In den Händen hält er einen Helm und seine scharfe Klingenwaffe.

Studentisches Fechten: Einblicke in den Showkampf

Im Interview mit dem 25-jährigen Studenten Vladimir sprach was DA los?-Sportredakteurin Patricia über das studentische Fechten, den Ablauf eines Fechtkampfes und worauf es in einer Mensur ankommt.

Seit rund eineinhalb Jahren lebt Vladimir in einer Studentenverbindung in Darmstadt. Mit dem Einzug kam auch eine neue Erfahrung in sein Leben: das akademische Fechten. Die Verbindung ist ein sogenannter „fakultativ schlagender Bund“. Das bedeutet, dass sie den Brauch der „Mensur”, einem traditionellen Fechtkampf, weiterführen. In einer Mensur treten zwei Männer aus unterschiedlichen Verbindungen mit scharfen Klingenwaffen gegeneinander. 

Die Verbindung setzt sich aus Studenten der Technischen Universität Darmstadt (TU) und der Hochschule Darmstadt (h_da) zusammen. Ob Mitglieder an einer Mensur teilnehmen, bleibt ihnen selbst überlassen.

Wie bist du zum Fechten gekommen?

Bei uns ist das eine Voraussetzung, um in der Wohngemeinschaft zu bleiben. Es gibt die Tradition des studentischen Fechtens und wir sind fakultativ schlagend, das heißt wir erlernen das, um es weiterzugeben.

Wie oft trainierst du?

Bei uns ist es so, dass wir zweimal die Woche trainieren und einmal die Woche kommt ein Fechtmeister. Eine Trainingseinheit geht bei uns eine Stunde.

Wie wird man Fechtmeister?

Unter einem Fechtmeister versteht man eine Person, die eine abgeschlossene Ausbildung hat, um studentisches Fechten zu unterrichten.

Was gefällt dir am Fechten besonders gut?

Es ist cool, jemandem gegenüber zu stehen und Schläge zu parieren. Es macht einfach Spaß, ohne böses Blut zwischeneinander zu haben, miteinander einen Showkampf auszuführen.

Was fordert dich am meisten am Sport?

(lächelt) Die Technik. Es sind teilweise sehr unintuitive Bewegungen. Die Trefferfläche ist beispielsweise die rechte Seite des Kopfes und man schlägt dann nach links oben.

Foto: Patricia Clark Schneider
Welche Fechtwaffen gibt es?

Im studentischen Fechten gibt es Glockenschläger und Korbschläger. Auf Glockenschläger kann ich nicht weiter eingehen, weil wir diese in Darmstadt nicht nutzen. Korbschläger sind reine Schlagwaffen, das heißt es gibt keine Stichbewegung. Alles kommt aus dem Handgelenk.

Wie läuft ein Fechtkampf ab?

Gefochten wird immer in sogenannten Gängen. Ein Gang entspricht fünf Hieben pro Paukanten (Fechtender), das heißt: Ich fechte fünf Hiebe und mein Gegenüber ficht fünf Hiebe. Der erste und der letzte Gang sind sogenannte Ehrengänge. Dabei wird genau ein Hieb ausgefochten, dann wird pausiert. Das hat den Grund, dass es auf der Mensur so gemacht wird und bei uns auch im Training. 

Die beiden Paukanten stehen sich mit einem Abstand von einem Korbschläger gegenüber. Neben den Paukanten stehen sogenannte Sekundanten. Nachdem die fünf Hiebe ausgefochten wurden, springen sie mit ihren Klingen rein und blockieren weitere Hiebe, damit niemand verletzt werden kann. 

Es gibt gewisse Hiebe, die gefochten werden dürfen und nicht gefochten werden dürfen. Je nachdem, auf welchem Level man ficht, werden hier in Darmstadt 30 oder 40 Gänge in unterschiedlichen Tempi hintereinander gefochten. Der letzte Gang ist ein Ehrengang, um alles sportlich zu beenden. Man versucht dabei nicht, den Gegenüber zu treffen, sondern macht einen Klingenhieb und dann ist die Partie zu Ende.

Wie punktet man beim Fechten?

Es gibt kein Punktesystem. Es geht eher darum, sich zu beweisen, dass man keine Angst hat, auf Mensur zu gehen. Dass man den Willen zeigt, das trotzdem machen zu können. Bei einer Mensur ist es so, dass man mit blanken Klingen kämpft und ein Teil des Kopfes ungeschützt ist.  Es gibt Bünde, bei denen das Pflicht ist. Bei uns ist das nicht der Fall, aber wir wollen es so nah wie möglich simulieren.

Gibt es eine Technik, die du besonders gerne anwendest?

Es sind die, mit denen ich mich sicher fühle. (schmunzelt) Das ist die Hoch-Quart. Die Hoch-Quart zielt auf die rechte Seite des Kopfes des Gegenpaukanten. Mit der Hoch-Quart fühle ich mich relativ gut geschützt, weil ich den Hieb ganz okay beherrsche.

Stereotype: Fechten ist ja gar nicht anstrengend – es sieht ja so leicht aus.

Es gibt anstrengendere Sportarten. Wenn die Technik sitzt, ist es nicht so anstrengend. Was man auf höheren Levels anstrengend nennen kann, ist das aktive Mitdenken beim Fechten.

Wie war es für dich, als du mit dem Fechten angefangen hast?

Es war sehr anstrengend, weil es einfach ungewohnte Bewegungen waren.

Wie ist es für dich aktuell?

Wenn ich neue Bewegungen lerne, ist es schwer. Wenn ich an meinen festgefahrenen Fehlern arbeite, ist es auch schwer. Der Schläger wiegt natürlich auch schon etwas und wir haben den Arm immer über dem Kopf.

Was ist die Herausforderung bei einer Mensur?

Die Herausforderung ist, die Nerven zu behalten, wenn es dann wirklich zu einer Mensur kommt. Das liegt daran, dass es sich schon um scharfe Klingen handelt. Wir sind gut geschützt, wir haben Kettenhemden und sind dreifach eingepackt. Uns kann nichts passieren, aber allein der Gedanke bringt den ein oder anderen ein bisschen mehr zum Schwitzen. Es ist ungewöhnlich in unserer jetzigen Welt.

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