Eine neue E-Sport-Generation – Wie das Downtown 20 die Smash-Szene wiederbelebt hat

Im Downtown 20 hat sich seit Mai 2024 eine kleine, aber aktive Super-Smash-Bros.-Community gebildet. Wie die Bar in der Innenstadt damit den E-Sport in Darmstadt wiederbelebt hat, lest ihr hier.

Das Downtown 20 in der Darmstädter Innenstadt bietet nicht nur Billard, Jam Sessions und Darts. Zusätzlich hat die Bar innerhalb von einem Jahr die lokale Super-Smash-Bros.-Szene gerettet. Das war bitter nötig. Schließlich war es nach 2022 mit dem Ende der dreijährigen Turnierreihe „Smash ‘n’ Sip” (SnS) lange still in der Darmstädter Community. Inzwischen finden sich hier jeden Dienstag alte und neue Gesichter der E-Sport-Szene zusammen. 

Super Smash Bros. Ultimate, das Prügelspiel von Nintendo, wird im E-Sport eher belächelt. Während andere Herausgeber die kompetitive Szene ihres Spiels organisatorisch oder finanziell unterstützen, ist Smash Bros. der Weg in den E-Sport deutlich erschwert. Die Szene wird von Nintendo nicht einfach nur vernachlässigt – der Konzern veranlasste in der Vergangenheit sogar mehrfach die Absage von Turnieren. Davon lässt sich die Grassroots-Community allerdings nicht unterkriegen und veranstaltet weiterhin Events wie im Downtown.

Bild: Christopher Holler

Die Ruhe vor dem Sturm

Gegen 17 Uhr sind noch kaum Teilnehmer:innen vor Ort. Vor dem Eingang genießt Kevin N. noch die restliche Sonnenwärme in einem Liegestuhl. Der Darmstädter ist Eigentümer der Bar und selbst ehemaliger Turnierspieler. Heute nimmt er jedoch nicht aktiv am Event teil. Stattdessen erinnert sich der 28-Jährige daran, wie alles ins Rollen kam.

„Mein Freundeskreis besteht hauptsächlich aus Smash-Spielern“, berichtet Kevin. Da ihm mit der Bar eine passende Location zur Verfügung stand, kam schnell die Idee auf, den „Turnier-Vibe” von damals zurückzubringen. Die Umsetzung ließ nicht lange auf sich warten: 

„Mein Freund Khang ist in der Szene sehr bekannt und hat für uns auf TikTok ein bisschen Werbung gemacht: In dem Video ging es um den Barkeeper, also mich, der alle in Smash Bros. fertig macht. Das hat über 100.000 Aufrufe bekommen und bei unserem ersten Turnier waren über 50 Leute vor Ort.”

Inzwischen hat sich rund um das Event eine kleine, aber feste Community entwickelt. Viele der Gäste sind Stammspieler geworden und kommen nicht nur zu Turnieren, sondern treffen sich regelmäßig in der Bar, um gemeinsam zu trainieren.

Bild: Christopher Holler

Warm-Up ist die halbe Miete

Während vorher noch eine ruhige Stimmung in der Bar herrschte, finden sich gegen 18 Uhr schon mehr Leute in der Bar, um sich für das Turnier aufzuwärmen. Auch ein paar mehr Konsolen und Bildschirme werden aufgestellt. Mit dabei ist der 22-jährige Tom D. Der Bensheimer ist seit über vier Jahren aktiver Turnierspieler, nimmt regelmäßig bei SnS teil und belegt auf der hessischen Rangliste für das Jahr 2024 den fünften Platz. 

Was ihm an diesem Event besonders auffalle, sei die offene, einsteigerfreundliche Atmosphäre. „Ich merke auf jeden Fall, dass das Turnier hier mehr für Casuals ausgelegt ist“, erklärt er. Während frühere Events wie SnS vor allem erfahrene Spieler:innen anzogen, wirke die Bar deutlich entspannter. Für die Darmstädter Szene sei das ein willkommener Neuanfang: „Darmstadt ist für Smash eigentlich eine aktive Stadt, es gab nach SnS nur einfach eine Weile nichts mehr.“

Bild: Christopher Holler

Alte Hasen und neue Gesichter

Ab 19 Uhr ist die Bar rappelvoll. Wer noch nicht für das Turnier angemeldet ist, spricht mit dem Organisator Moritz W. Der Darmstädter ist ehemaliger Organisator von SnS und inzwischen auch hier Hauptverantwortlicher für die Durchführung der Turniere. Den Tapetenwechsel sieht er durchaus positiv: „Das Downtown füllt die Lücke von SnS nicht nur, sondern macht die Turniererfahrung nochmal besser.“ Besonders die Lage mit Essensmöglichkeiten in der Innenstadt tue der Atmosphäre gut. 

Um das Turnier weiterhin einsteigerfreundlich zu halten, läuft die Anmeldung unkompliziert vor Ort, ganz ohne Online-Account. „Weil das so super klappt, kommen auch immer genug Leute“, sagt Moritz. Mit 31 Teilnehmenden sei das Turnier heute sogar „rekordverdächtig“.

Dennoch sind nicht alle Teilnehmenden pure Anfänger:innen. Für die gibt es beim Turnier eine Sonderregel: Besonders starke Spieler erhalten ein Handicap und starten mit weniger Leben. Diese Regelung ersetzt das frühere System, bei dem Top-Spieler:innen teils komplett ausgeschlossen waren. „Damit wird der Skillunterschied gut ausgeglichen”, erklärt Moritz.

Auch Tom unterstützt die Idee der Sonderregel. „Dadurch muss ich mich gegen manche Gegner ordentlich anstrengen, die für mich sonst eigentlich ein ,No-Brainer‘ sind.“ Gleichzeitig sieht er, wie die anderen durch diese Praxis besser werden: „Ich merke bei einigen zum Beispiel, wie sie mit der Zeit schlauere Entscheidungen im Spiel treffen und schneller auf Situationen reagieren.”

Bild: Christopher Holler

3 – 2 – 1 – LOS!

Ab 20 Uhr ist das Turnier längst in vollem Gange: Die Runden im Eins-gegen-Eins-Format werden an Bildschirmen in der gesamten Bar ausgetragen. Das Ergebnis trägt Moritz wiederum in einen Turnierbaum ein. Tom schlägt sich wie erwartet ziemlich gut, doch die Konkurrenz schläft nicht. Mittlerweile sind auch schon die ersten Teilnehmenden ausgeschieden. Eine Niederlage muss hier allerdings fast jeder einmal verkraften. 

Jonny Z. nimmt das sportlich. Der 21-Jährige ist erst seit etwa fünf Monaten regelmäßig dabei und sieht gerade in den Niederlagen einen Reiz: „Das klingt vielleicht komisch, aber ich spiele sehr gerne hier, weil ich sehr oft verliere.“ Besonders knappe Matches fordern ihn heraus. „Ich musste mich immens konzentrieren – das gibt mir einen Adrenalinkick.“

Anfangs hatte er Vorurteile: „Ich dachte, da sitzen 40 stinkende Zocker und ich werde komplett fertig gemacht.“ Stattdessen sei die Bar gepflegt, die Stimmung freundlich – und selbst wenn er mal „zerstört“ werde, halte er gut mit. Schließlich sei „der Unterschied zwischen einem Turnierspieler auf unterem Level und jemandem, der regelmäßig nur seine Freund:innen fertig macht, verdammt hoch.”

Bild: Christopher Holler

Auf weitere Matches!

Nach 22 Uhr neigt sich das Turnier dem Ende entgegen. Die Bildschirme werden abgeschaltet, leere Gläser eingesammelt, erste Gespräche verlagern sich nach draußen. Während sich die meisten Teilnehmenden bereits auf den Heimweg machen, kämpft sich Tom in einem spannenden Finale auf den zweiten Platz – eine starke Leistung bei über 30 Teilnehmenden.

Wie es mit der Szene weitergeht, sehen die Beteiligten unterschiedlich. Tom ermutigt regelmäßig andere, auch an größeren Turnieren teilzunehmen: „Das klappt bei manchen, aber längst nicht bei allen.“ Moritz hingegen sieht eine klare Entwicklung: „Die Leute hier werden immer besser und ein paar gehen auch schon auf größere Turniere. Mit Kevin planen wir zusätzlich im Juni ein großes Turnier im Downtown für 64 Leute. Das wird bestimmt richtig nice.“

Auch Jonny wagt den nächsten Schritt: Er hat sich für ein großes Turnier in Frankfurt angemeldet. „Dort werde ich wahrscheinlich nicht allzu weit kommen. Die Erfahrung will ich aber unbedingt mitnehmen.”

Kevin blickt differenziert auf die Zukunft: Die Szene sei aktuell noch recht lokal geprägt – viele kommen zwar regelmäßig in die Bar, besuchen aber keine externen Turniere. „Vielleicht liegt das auch an Smash Ultimate. Das Spiel ist inzwischen fast sieben Jahre draußen und deshalb echt alt. Wenn ein neues Smash Bros. rauskommt, blüht es auf jeden Fall wieder auf.”

Bis dahin bietet das Downtown weiterhin die Möglichkeit für erste Turniererfahrungen, regelmäßiges Training und das gute Gefühl, Teil einer wachsenden Community zu sein.

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