„Tanzen passt in jedes Land!” – Tanzlehrerin Inga Bunina
Inga Bunina lebt seit ihrer Kindheit für den Tanz. Was mit einem verpassten Ballettunterricht begann, wurde zur internationalen Karriere – über Nordkorea, Japan, Italien bis nach Deutschland. Mit Mut, Fleiß und Leidenschaft baute sie sich eine neue Existenz auf und gründete das Tanzstudio Non-Stop in Griesheim.
Nachdem sie im Alter von sechs Jahren den ersten Tag der Ballettschule wegen Krankheit verpasst hatte, kam Inga stattdessen in eine Musikschule. Es folgte eine strenge, siebenjährige Ausbildung. „Ich habe fleißig für Mama in der Musikschule in Russland gelernt. Es ist nicht wie hier, sondern wie eine zweite Schule”. Drei bis viermal pro Woche ging sie in die Musikschule.

Die 55-jährige Inga Bunina stammt aus dem knapp 12.000 Kilometer entfernten Wladiwostok, in der ehemaligen Sowjetunion. Ihre professionelle Tanzkarriere begann bereits als Kind in einer bekannten Tanzkompanie. Später sollte sie nach dem Wunsch ihrer Mutter Balletttänzerin oder Musikerin werden.
Mit zehn Jahren begann sie mit russischem Volkstanz in einer Tanzgruppe. Später erlernte sie viele neue Tanzstile wie unter anderem Standard, Latein und Modern. Die Grundlage bildete immer das klassische Balletttraining. Rückblickend verpasste Inga keine einzige Tanzstunde. „Wenn ich jetzt darüber nachdenke: Ich war zu fleißig. So viel Training war verrückt.”
Tanzen als Lebenselixier: Wie Tanzen Inga über Grenzen führte
Seit ihrem zehnten Lebensjahr tanzt sie regelmäßig. Die 55-Jährige erklärt, dass Tanzen für sie wie die Luft zum Atmen war. Schon mit 17 Jahren erkannten die Lehrer:innen ihr Talent. Daraufhin wurde sie gedrängt, selbst Tanzunterricht zu geben.
Obwohl das Unterrichten für Inga ungeplant war, fiel ihr die neue Tätigkeit leicht. Nebenbei tanzte sie auf der Bühne und im Quartett und wurde sogar nach Nordkorea geschickt. Dort war sie Teil einer offiziellen Delegation.
Einmal um die Welt: Von Shanghai bis nach Turin
„Mit 21 habe ich es nach Shanghai geschafft und mit 22 Jahren endlich eine eigene Kompanie gegründet.” Knapp sechs Jahre lang arbeitete sie als Tänzerin für russischen Volkstanz in Japan. „Tanzen passt in jedes Land”, berichtet sie überzeugt. Dort lernte sie ihren Ehemann, ebenfalls ein Künstler, kennen. Zwischen ihren Reisen zog sie es immer wieder zurück in ihre Heimat.

Ein Familienfreund aus England übergab ihnen einen Katalog voller Kontakte für zukünftige Arbeitsstellen. Daraufhin schrieben sie zahllose Briefe in die ganze Welt. Nachdem sie zahlreiche Antworten aus aller Welt erhielt, begaben sie sich auf ihre erste Reise. Einige Monate später führte es sie zum Theater- und Opernhaus Teatro Reggio in Turin, Norditalien. Drei Jahre lang arbeitete sie dort hauptberuflich und brachte sich nebenbei Italienisch bei.
Nach drei Jahren Italienaufenthalt zog es das Paar in den 90er-Jahren nach Deutschland. Inga begann in einem Fitnessstudio Sportkurse wie Aerobic zu unterrichten. Als besonders erfüllend empfand sie ihre damalige Tätigkeit jedoch nicht. Doch solange sie nicht Fuß im fremden Land gefasst hatte, übernahm sie bereitwillig allerlei Sportkurse des Clubs.
Sesshaft und doch in Bewegung
Dann zog es die Familie nach Eisenach. Dort begann ihre Kinderplanung: Knapp ein Jahr später bekam sie ihr erstes Kind im Jahr 2000. Etwa eineinhalb Jahre später folgte das zweite Kind.
Anfang 2002 zog sie mit ihrer Familie nach Darmstadt. Erst unterrichtete sie erneut in diversen Sportclubs. „Nach nicht mal einem Jahr wurde ich von einer Mitarbeiterin des TSZ Blau-Gold-Casino Darmstadt e.V. angesprochen.” Daraus folgte eine fünfzehnjährige Zusammenarbeit mit Inga als Trainerin.
Ingas Weg zur Selbstständigkeit
Fünf Jahre später stand erneut ein Umzug an: Die Familie zog nach Griesheim. Im Sommer verteilte Inga ihren ersten Flyer für tanzinteressierte Kinder in der gesamten Stadt. Ende September hielt sie dann ihre ersten 13 Verträge in der Hand.

Gleichzeitig suchte sie Räumlichkeiten für ihr zukünftiges Tanzstudio. „Ich fuhr durch Griesheim und habe an jeder Ecke geschaut, wo ein Gebäude leer steht. Nachdem sie ein passendes Studio gefunden hatte, begannen Renovierungen wie das Anbringen der Spiegel, das Streichen und Verlegen des Tanzbodens. Um zukünftig auch an Turnieren teilzunehmen, gründete Inga zwei Jahre später den gleichnamigen Verein TSV Non-Stop Griesheim e.V.
Ihr zuvor gänzlich unbekannt war der Breitensport also die Ausübung einer Sportart rein aus Spaß und zum eigenen Wohlbefinden. „Ich musste lernen, mich hier umzustellen. Die Leute tanzen nicht nur, um Profi zu werden oder nur, weil sie talentiert sind.” Seitdem bietet Inga selbst Breitensport-Kurse an.
Der Pfad an die Spitze: Warum Ingas Weiterbildung entscheidend war
Während ihre Tanzgruppen langsam erfolgreich wurden, absolvierte Inga vorausschauend ihre Weiterbildung als Wertungsrichterin sowie die Trainer C-Lizenz. Anhand der Lizenz darf Inga Trainingsgruppen im Breitensport leiten. In ihrer Weiterbildung als Wertungsrichterin erlernte sie den Fachjargon, der auf nationalen sowie internationalen Turnieren genutzt wird.
Eine Trainingswoche besteht aus zwei- bis dreimal Tanzunterricht á zwei bis drei Stunden. Sonntags ist eine weitere Trainingseinheit. „Sie meckern nicht, weil das Training etwas bringt. Wenn sie am Ende erfolgreich sind, genießen die Kinder das”, berichtet Inga.
Vom Duo zum Team: Ingas Trainer‑Philosophie
Die ersten elf Jahre arbeitete Inga als einzige Trainerin der Tanzschule. Dann half ihre Tochter aus. Innerhalb der zwei darauffolgenden Jahre sammelte sie talentierte Nachwuchstrainer:innen um sich herum. Dabei blieb Inga der Spruch ihrer Tanzlehrer:innen im Gedächtnis: „Du bekommst nur gute Lehrer:innen, wenn du deine eigene Generation wachsen lässt.” Derzeit besteht das Team aus knapp 20 Trainer:innen.
Inzwischen hat Inga die Betreuung ihrer Breitensport-Gruppen an andere Trainer:innen abgegeben. Ihr derzeitiger Fokus liegt vollständig auf der Jazz-Modern-Gruppe Bellissimi, die in der Jugendverbandsliga tanzen. Vor Turnieren konzentriert sie sich darauf, alle Turniergruppen Bellissimi, Elegia und Syncope zu trainieren.
Profi‑Planung: Erfolg braucht Struktur
Jazz-Modern-Contemporary-Gruppen werden von Inga ein Jahr lang auf ein Turnier vorbereitet. Zusätzlich laufen ganzjährig die Trainings der Solos parallel zu den Gruppen. „Dieses Jahr haben wir fast 40 Solist:innen.” Um eine gute Organisation beizubehalten, gibt es vier verschiedene Kalender mit allen wichtigen Terminen.
Abschließend frage ich Inga, welche Tipps sie jungen Tänzer:innen mitgeben möchte. „Der erste Tipp ist, von Anfang an Ballet zu tanzen.” Mit mehr Erfahrung, Engagement und Talent könnten Tänzer:innen später selbst im Tanzstudio Non-Stop unterrichten. Interessierten empfiehlt sie eine Weiterbildung als Wertungsrichter und darauf aufbauend als Turnierleiter. Anhand eines Schulpraktikums erhalten Schüler:innen erste Einblicke in Ingas Arbeit.
Titelbild: Inga Bunina beim 15. Jubiläum des Tanzstudios Studio Non-Stop 2022
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