Uber vs. Taxi – Der Kampf um die Straße

Um von A nach B zu kommen, braucht es heute nur noch ein paar Klicks bei Bolt, Uber oder FreeNow. Sie alle bieten Fahrten zu teils sehr günstigen Konditionen an. Auf der Seite der Taxifahrer wächst der Frust. 

Bundesweite Protestaktion

Rund 30 Taxis rollten am vergangenen Mittwoch (2. Juli) in einem hupenden Autokorso durch die Darmstädter Innenstadt.. Sie protestierten gegen die Konkurrenz der Digital-Plattformen. Auch in Berlin, Köln oder Mainz schloss sich die Branche zusammen und demonstrierte. Die neu gegründete Interessengemeinschaft Taxi-Darmstadt hatte den Protesttag organisiert, um Aufmerksamkeit auf Probleme wie Lohndumping oder unfairen Wettbewerb zu richten. Die Taxifahrer fordern unter anderem Mindestpreise für Mietwagen mit Fahrern. 

Taxifahrer sehen durch die Plattformanbieter ihre Existenz bedroht. Bild: pixabay

Warum Taxis teurer sind

Taxifahrten sind oft teurer als beispielsweise eine Uber-Fahrt. Das liegt daran, dass Tarife für Taxis von Städten und Kommunen festgelegt werden. Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und die jeweiligen Verordnungen der Kommunen regeln diese Tarifbestimmungen. In Darmstadt müssen die Fahrer rund um die Uhr verfügbar sein, insbesondere auch an Wochenenden.

Und das ist der große Unterschied zu Anbietern wie Bolt, Uber oder FreeNow. Sie können ihre Preise frei gestalten. Gerade für junge Menschen ist das von Vorteil. Sie können mit diesen Anbietern kurze, aber auch längere Wege fahren und zahlen weniger als bei einem Taxi. Und das ist den Taxifahrern ein Dorn im Auge. „Wir sind Teil des öffentlichen Nahverkehrs – aber ohne Subventionen“, sagte der Taxiunternehmer Thomas Krämer dem “Darmstädter Echo”. Wenn es so weitergehe, werde es bald keine Taxis mehr geben.

Wissenswertes

Es gibt rund 23.000 Taxiunternehmen in Deutschland
Die größte Taxistadt in Deutschland ist Berlin mit über 7.000 Fahrzeugen
Das erste motorisierte Taxi 1897 in Stuttgart: ein Daimler Victoria mit eingebautem Taxameter
Taxi leitet sich aus dem Wort Taxameter ab, dem Gerät zur Fahrpreisermittlung
Seit 1971 ist die Farbe der Taxis in Deutschland offiziell Hellelfenbein

Mehr als nur ein Fahrdienst

Einer, der die Existenz der Branche ebenfalls bedroht sieht, ist Nihat. Seit 18 Jahren fährt er Taxi und hat in dieser Zeit den Spaß daran nie verloren. „Ich liebe diesen Beruf, das ist mein Hobby, meine Leidenschaft“, sagt der 53-jährige, während er seinen Feierabend mit einem Bier genießt. Sein Startpunkt ist das Städtchen Eltville am Rhein. Das Einsatzgebiet erstreckt sich bis nach Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden und Mainz. 

Tagsüber fährt Nihat für ein Speditionsunternehmen mit dem LKW zu Kunden und beliefert sie mit Waren. Am Abend geht er seinem Hobby nach und befördert die Menschen von einer Location zu ihrem Ziel. Auch er hat die bundesweiten Protestaktionen seiner Berufskollegen wahrgenommen. Ein Kollege von ihm sei in Darmstadt sogar bei der Demo mitgefahren, was er befürworte.

Das Schild, das jeder kennt. Wird es bald nicht mehr gebraucht? Bild: unsplash

Denn Nihat hat eine klare Meinung zu der Uber-Thematik: „Ich bin dagegen“, sagt er entschieden. „Uber ist eine amerikanische Firma, die hier in Deutschland alles kaputt macht. Die Taxifahrer zahlen viel Geld für eine Taxikonzession. In Großstädten bis zu 60.000 Euro und Uber muss gar nichts zahlen. Sie machen das Taxigeschäft nicht nur hier, sondern auch in Europa kaputt.“ Dabei schüttelt er mehrmals mit dem Kopf. Taxiunternehmen müssten Mindestlöhne zahlen und ihre Mitarbeiter ordentlich anmelden. Uber mache das nicht. Vieles laufe inoffiziell. Deshalb sehe er seine Kollegen in der Debatte auch im Recht. 

Die Frage, ob er durch die vermehrte Präsenz von Uber & Co. weniger Aufträge bekomme, entgegnet er wie aus der Pistole geschossen mit Ja. „Früher habe ich nachts, zwischen zwei und fünf Uhr Leute von Wiesbaden oder Mainz abgeholt. Diese Fahrten gibt es nicht mehr, weil die Leute direkt ein Uber nehmen, meistens aus den Großstädten.“ Das Taxi werde laut Nihat in Zukunft komplett verdrängt, wenn es so weitergehe.

Für Nihat können die Plattformanbieter das Taxi aber auf der menschlichen Seite nicht ersetzen. „Das ist ja auch der Unterschied zu Uber, denn die sind vielleicht zu einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr aktiv. Aber ich bin immer für die Menschen da. Egal, ob ich frei habe, ich komme trotzdem raus und fahre sie heim, wenn es nicht anders geht.“

Er könne die Personen nicht stehen lassen, er sei einfach nicht so ein Typ. Seine Stammkunden geben ihm zudem die Motivation weiterzufahren. „Viele kennen mich schon seit Jahren. Die rufen mich direkt an, weil sie sich bei mir sicher fühlen.“ Manche würden erst gar nicht mitfahren, wenn Nihat nicht persönlich komme.

Der Markteintritt von Plattformanbietern

Seit 2013 ist das US-amerikanische Dienstleistungsunternehmen Uber auch in Deutschland aktiv. Doch schon damals hatten Taxiunternehmen, Behörden und die Politik sich gegen das Geschäftsmodell gewehrt.

Nur zwei Jahre nach dem bundesweiten Startschuss erklärte das Landgericht Frankfurt in einer Grundsatzentscheidung den Dienst „UberPop“ für rechtswidrig.

2024 startete Uber offiziell die Fahrtenvermittlung auch in Darmstadt. Bild: pixabay

Damals vermittelte das Unternehmen Fahrten mit Privatpersonen, die keinen Personenbeförderungsschein hatten. Die Fahrer haben dabei ihre eigenen Fahrzeuge benutzt und waren gewerblich nicht angemeldet. Heute sieht das Modell deutlich anders aus. Für Uber fahren mittlerweile gewerbliche Fahrer mit der benötigten Lizenz. Die Autos sind nicht mehr aus dem privaten Besitz, sondern werden gemietet. Während es damals keine behördlichen Kontrollen gab, unterliegt das Geschäft dem Personenbeförderungsgesetz.

Neben Uber haben es auch andere Anbieter geschafft, sich in Deutschland zu etablieren. Das estnische Unternehmen Bolt ist 2021 in den deutschen Markt eingetreten. Es begann mit E-Scootern in Großstädten wie Berlin, Frankfurt oder Hamburg, kurz darauf folgten die Beförderungsfahrten mit Mietwagen.

Einblicke in den Uber Alltag

Jawed wird seit Januar im Umkreis von Darmstadt für Fahrten von Uber vermittelt. Eigentlich hatte er sich von dem Job mehr Freiheit versprochen. Doch die Realität sieht anders aus. „Ich dachte, es wäre flexibel, aber das stimmt nicht“, sagt er. Auch mit dem Geschäftsmodell hadert er, da bei Uber die „Arbeitszeiten schwer vorhersehbar und stressiger als erwartet sind.“ Zwar sieht er seinen Dienstleister grundsätzlich fair gegenüber den eigenen Fahrern, aber nicht im Verhältnis zum Wettbewerb.

Für viele Menschen ist Uber eine günstige Möglichkeit, um ans Ziel zu kommen. Bild: unsplash

Konflikte mit Taxifahrern habe er persönlich nicht erlebt, aber er weiß, dass es Spannungen gibt. „Die älteren Fahrer erzählen davon. Uber hat keine Probleme mit den Taxiunternehmern, aber andersrum schon.“ Die Interaktion mit den Fahrgästen kann Jawed nicht immer positiv beurteilen. Nicht viele Kunden seien angenehm, dazu bemängelt er den geringen Respekt gegenüber den Fahrern.

Auf die Frage, was die Politik tun sollte, um einen fairen Ausgleich zwischen Anbietern wie Uber und Taxis zu schaffen, bleibt er nüchtern: „Ich glaube, sie sollten nichts machen.“

Bewertung: Ist günstiger wirklich immer besser?

Taxis gibt es seit dem 19. Jahrhundert. 1897 fuhr mit dem Daimler Victoria in Stuttgart das erste motorisierte Taxi mit eingebauten Taxameter. Seitdem ist reichlich Zeit vergangen und das Gewerbe hat sich stetig weiterentwickelt. Heute konkurrieren sie mit Fahrdienstvermittlern, die mit wenigen Klicks und deutlich günstigeren Preisen locken.

Es geht aber schon längst nicht mehr nur um das. Auch faire Arbeitsbedingungen, Verlässlichkeit und die Frage, wie künftig die Menschen befördert werden, stehen im Mittelpunkt. Nicht nur die Politik kann entscheiden, ob sie Mindestpreise für die Plattformkonkurrenz einführt oder es so laufen lässt wie bisher. Auch die Fahrgäste können mit ihrer Auswahl die Zukunft der Personenbeförderung in Darmstadt mitgestalten.

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