Was ist eigentlich die Kirchensteuer?

Steuern gibt es in fast allen Lebensbereichen. Im Urlaub, im Berufsleben, im Privatleben und auch im Studium. In unserem Format „Steuer 1×1“ beleuchten wir für euch wirtschaftlich relevante Themen in und um Darmstadt. Heute: die Kirchensteuer. 

Für manche ist sie gerechtfertigt, für andere ist sie ein Grund für den Kirchenaustritt. Aber was die Kirchensteuer wirklich ist und wofür sie verwendet wird, ist weniger bekannt. Genau das erfahrt ihr im Folgenden.

Was ist die Kirchensteuer?

Nicht jede Person, die in Deutschland lebt und arbeitet, zahlt die Kirchensteuer. Ihr müsst nur Kirchensteuer zahlen, wenn ihr einer Religionsgemeinschaft angehört, die die Kirchensteuer erhebt. Dazu gehören die katholische und evangelische Kirche, aber auch jüdische Gemeinden und einige Freikirchen. Bei jüdischen Gemeinden wird die Kirchensteuer als Kultursteuer bezeichnet. Das heißt: Wer kein Kirchenmitglied ist, muss keine Kirchensteuer zahlen.

Die Kirchensteuer wird auf Basis der Einkommensteuer entrichtet. Aber nicht jede Person, die arbeitet, zahlt auch Einkommensteuer. Es gibt nämlich einen jährlichen Steuerfreibetrag. Wenn man innerhalb dieses Betrages fällt, zahlt man keine Einkommensteuer und dementsprechend auch keine Kirchensteuer. Fallt ihr mit eurem Gehalt über den Steuerfreibetrag, dann zahlt ihr Einkommens- und Kirchensteuer. Das bedeutet auch: je höher das Gehalt, desto höher die Kirchensteuer.

Der Prozentsatz, der die Höhe der Kirchensteuer bestimmt, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. Im Großteil der Bundesländer gilt der Prozentsatz von neun Prozent, mit Ausnahme von Baden-Württemberg und Bayern mit nur acht Prozent.

Situation in Darmstadt

Allgemein dient die Kirchensteuer der Finanzierung der Kirche und ihren jeweiligen Projekten und Angeboten, die sie zur Verfügung stellen. Wie die Kirchensteuer verwendet wird, entscheidet die jeweilige Religionsgemeinschaft.

Zu der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gehört die evangelische Kirche in Darmstadt. Diese gibt an, einen großen Teil für die sogenannte „Lebensbegleitung vor Ort“ wie Gottesdienste, Trauungen und Beerdigungen zu verwenden. Dazu kommen die Bereiche Kinder, Jugend und Freizeit mit Kindertageseinrichtungen, Familienzentren und Jugendkreise. Aber auch die Diakonie mit Sozialkaufhäusern und der Gebäudeunterhalt für Kirchen, Pfarrhäuser und Gemeindehäuser werden von der Kirchensteuer mitfinanziert.

Bei der katholischen Kirche sieht das ein bisschen anders aus. Das Bistum Mainz, dem die katholische Kirche in Darmstadt angehört, finanziert mit über 30 Prozent der Kirchensteuer die „Seelsorge vor Ort“ wie Gottesdienste, Taufen und Hochzeiten. Zu weiteren unterstützten Bereichen zählen die Koordination der Arbeitskräfte und die Finanz- und Personalverwaltung. Aber auch die Schulen und Hochschulen sowie die Caritas werden mithilfe der Kirchensteuer unterstützt.  

Kritik zur Kirchensteuer

In einer YouGov-Eurotrack-Umfrage aus dem Jahr 2022 wurden Personen aus sechs europäischen Ländern, unter anderem Deutschland, Spanien und Schweden, zu dem Thema Kirchenaustritt befragt. Unter den deutschen Befragten, die bereits aus der Kirche ausgetreten waren, gaben fast die Hälfte die Kirchensteuer als Grund für den Austritt an.

In Darmstadt sind im Jahr 2023 über 1.800 Mitglieder aus der evangelischen Kirche laut eigenen Angaben ausgetreten. Bei der katholischen Kirche werden die Kirchenaustritte in ihren Pastoralräumen gezählt. Pastoralräume entstehen bei der Zusammenlegung von Pfarreien in einem bestimmten Gebiet. In den drei Pastoralräumen Darmstadt-Mitte, Darmstadt-Süd-Ost und Darmstadt-West sind über 1.000 Mitglieder ausgetreten.

Die Folgen des Kirchenaustrittes

In Darmstadt könnt ihr als Bürger beim Bürger- und Ordnungsamt aus der Kirche austreten. Dafür benötigt ihr euer Ausweisdokument und müsst 30 Euro zahlen, die als Verwaltungsgebühr anfallen.

Wer aus der Kirche austritt, muss aber einiges beachten. Eine kirchliche Hochzeit kann eigentlich nicht vollzogen werden. Wenn ein:e Ehepartner:in noch Mitglied ist, kann aber bei der evangelischen Kirche abgewogen werden. In der katholischen Kirche benötigt ihr sogar eine besondere Genehmigung.

Bei Beerdigungen wird es noch schwieriger. Normalerweise darf eine aus der Kirche ausgetretene Person nicht kirchlich beerdigt werden. In Einzelfällen kann aber auch anders entschieden werden.

Titelbild: Leon Ebersmann

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Bild: Andee Taissin auf Unsplash

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