„Tanzen ist mein Feierabend“ – Sukies Leidenschaft als Tanztrainerin
Sukie tanzt seit sie vier Jahre alt ist, heute arbeitet sie als Zumba- und Jazzdance-Trainerin. Begeistert erzählt die 28-Jährige, warum sie die Individualität ihrer Schüler:innen über Perfektion stellt.
Wie alles begann…
Ursprünglich kommt Sukie aus einem kleinen Dorf in Rheinland-Pfalz. Ihre ersten Tanzerfahrungen sammelte sie bereits mit vier Jahren bei ihrer Mutter im Kinderkurs. Seitdem ist Tanzen aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken. Mit 15 Jahren trainierte sie erstmals die Showtanzgruppe in ihrem Heimatdorf, zu ihrem Abitur spendierten ihr ihre Eltern eine Ausbildung zum Zumba-Instructor, sodass Sukie zukünftig selbst Zumba-Kurse geben konnte. Vor einigen Jahren zog sie für ihr Mathematikstudium nach Darmstadt und lebt seitdem dort.

Glück im Unglück – Von der Absage eines Sportvereins zum Hochschulsport
Für die tanzbegeisterte Sukie war klar: Sie möchte in ihrem neuen Zuhause weiter tanzen und Kurse geben, so wie sie es in ihrer Heimat getan hat. Mit einer Zumba-Basic-Lizenz in der Tasche begab sie sich auf die Suche und wurde schnell fündig. Ein Darmstädter Sportverein lud sie zu einem Vorstellungsgespräch ein, suchte jedoch eine Trainerin im Bereich Zumba-Step, einer speziellen Zumba-Form. Für sie klang das nach einer großen Chance: „Also habe ich ganz naiv vom Dorf, wie ich war, gedacht: Boah cool, ich mache diese Fortbildung!” Angesichts ihrer Lebenssituation als junge Studentin war das nicht gerade günstig.
Nach erfolgreichem Abschluss meldete sie sich erneut bei dem Verein. Doch dann kam der Rückschlag: „Wir haben dafür keine Kapazitäten in unserem Plan“, hieß es plötzlich. Sukie war frustriert, aber das war für sie noch lange kein Grund, aufzugeben. Nach dem gescheiterten Versuch, einen Nebenjob als Zumba-Trainerin zu finden, wandte sich die Tänzerin an den Unisport der TU Darmstadt. Dort hatte sie mehr Glück: Sie suchten zu diesem Zeitpunkt eine:n Zumba-Step-Trainer:in. Hier ergatterte die Tanzbegeisterte schließlich den Job.
Von der anfänglichen Frustration zur Tanztrainerin
Im fünften Semester überwand sich Sukie das erste Mal, an einem Jazzdance-Kurs der Uni teilzunehmen. „Die Musik in der Choreografie zu spüren und Geschichten durch Bewegung zu erzählen, fasziniert mich und entfachte meine Leidenschaft für Jazz“, beschreibt sie.

Im Kurs erlebte sie ihren ersten Frustrationsmoment: Die sonst so bewegliche Tänzerin schaffte es im Spagat nicht mehr ganz bis zum Boden. Was ihr in der Heimatgruppe früher leichtgefallen war, funktionierte plötzlich nicht mehr. „Für mich hat sich das so angefühlt, als könnte ich nichts mehr von dem, was ich früher konnte.“ Für kurze Zeit hatte sie Zweifel: „Das war so ein Moment, in dem ich gedacht habe: Vielleicht lässt du doch lieber die Finger davon und bleibst bei Zumba. Das funktioniert ja halbwegs.“ Doch ihre Leidenschaft siegte: „An Jazzdance liebe ich die Vielfalt der Genres, die damit verbundene Kreativität und die Möglichkeit, Musik in Bilder zu übersetzen.“ Einige Zeit später begann Sukie sogar, eigene Kurse zu geben. Bis heute unterrichtet sie Jazzdance, Zumba und Zumba-Step.
Ausgleich zum Alltag
Der Tanzsport schafft einen emotionalen Ausgleich zur Kopfarbeit. Denn mittlerweile promoviert Sukie bereits im fünften Jahr in Mathematik. Das wirkt wie ein ziemlicher Kontrast zu ihrem Leben als Tänzerin. Dennoch biete es ihr die perfekte Balance zwischen Theorie und Praxis. Sie selbst sieht das Tanzen nicht als Konkurrenz zur Arbeit, sondern als bewussten Ausgleich zu ihrem Alltag, in dem sie meist nur am Schreibtisch sitzt. „Das ist schon cool, für sein Hobby auch noch bezahlt zu werden“, sagt sie lachend. Zudem bezeichnet die Promovierende das Tanzen mehrfach als ihren „Feierabend“. Für sie bedeutet es jedes Mal Befreiung, Abschalten und pure Lebensfreude.
Sukies größte Herausforderung
Tanzen helfe der 28-Jährigen dabei, Emotionen durch Bewegung auszudrücken und ihren Körper mit der Musik in Einklang zu bringen. Weil der Sport für sie nicht nur ein Nebenjob, sondern auch ihr liebstes Hobby ist, besucht Sukie selbst Tanzkurse. Hier schaue sie sich auch mal die ein oder andere Technik für ihre eigenen Kurse ab. Denn wie sie selbst sagt, sei das bis heute ihre größte Herausforderung: „Ich habe nie wirklich Technik gelernt. Im Anfängerkurs im fünften Semester habe ich das erste Mal von dem Wort ‚Technik‘ im Tanzen gehört. Ich werde technisch nie perfekt sein – aber das ist okay.“
Dennoch betont sie, wie wichtig es sei, Technik zu beherrschen: „Manchmal gibt es Schritte, die du ohne die richtige Technik nicht so austanzen kannst, dass du sie fühlen kannst.“ Daher ist das Warm-up zu Beginn jeder Jazzdance-Stunde so wichtig. Das diene einerseits dazu, Verletzungen zu vermeiden, andererseits, um die Technik zu erlernen, die für die Schrittkombinationen und Tänze von Bedeutung ist.

„Wenn alles zu viel ist, sperr ich die Welt weg und tanz’ einfach.”
Im fortgeschrittenen Jazzkurs beim Unisport der TU Darmstadt machte Sukie eine bewegende Erfahrung mit einer besonderen Choreografie: „Emilia hat mal eine Choreo zu ‚My Immortal‘ von Evanescence gemacht und ich habe fast geheult, als ich die getanzt habe.“ Während sie zu dem Lied tanzte, dachte sie immer wieder an ihren Vater. Auch wenn sie sich nicht sicher ist, ob sie die Choreo heute noch tanzen könnte, erinnert sie sich gut an das Gefühl von damals: „Ich weiß, dass sie mit Klavier angefangen und aufgehört hat. Ich habe auf dem Boden gesessen und die Finger sind herausgekrabbelt. Das war für mich der Moment, in dem ich in der Musik, im Tanz drin war.“
Besonders in stressigen Lebenssituationen helfe ihr das Tanzen. „Wenn alles zu viel ist, sperr ich die Welt weg und tanz’ einfach.“ Ihre eigenen therapeutischen Tänze sind ‚Human‘ von Christina Perri und ‚Clown‘ von Emeli Sandé. In beiden Songs geht es darum, dass jede:r nur ein Mensch ist. Selbst wenn man nach außen hin perfekt erscheint, ist es meist nicht mehr als eine Maske, die man der Welt zeigt. In Drucksituationen schenken ihr diese Lieder aufgrund ihrer starken Botschaften Kraft.
Das ist Sukie in ihren Kursen besonders wichtig
Während es Sukie beim Jazzdance meist um eine tiefere emotionale Verbindung und um ausdrucksstarken Tanz geht, liegt der Fokus beim Zumba eher auf Spaß. „Alles andere ist einfach scheißegal. Wenn du tanzt und wenn du siehst, alle haben Spaß und gehen ab, dann steht die ganze Welt um dich herum still“, beschreibt Sukie das Gefühl, auf das es im Zumba ankommt.
Sie verrät, was ihre Zumba-Kurse besonders macht: Sie setzt auf angesagte und vielfältige Musik, statt sich an klassischen Zumba-Rhythmen festzuhalten. Von Reggaeton über Rock bis zu Meghan-Trainor-Pop-Songs ist alles dabei. Die integrierten Workout-Elemente fallen bei den sonst eher tänzerischen Choreos kaum auf.
In all ihren Kursen ist es der Trainerin wichtig, dass sich die Teilnehmenden in ihrer eigenen Haut wohlfühlen. Sie sei nur dafür da, die Lernprozesse zu unterstützen, nicht aber, um sie zu bewerten. Im Gespräch betont Sukie immer wieder, dass ihr die Individualität wichtiger ist als Perfektion. Wenn jemand die Schritte ein bisschen anders fühlt als sie, sei das vollkommen in Ordnung. „Ich mache die Choreos ja nicht für mich, sondern für die, die sie tanzen wollen.“ Musikwünsche sind jederzeit willkommen.
Letztendlich ist es ihr Ziel, dass sich niemand überfordert oder ausgegrenzt fühlt. Sie achte stets auf die Unterschiede der Tänzer:innen und schaffe Raum für Fragen und individuelles Feedback. Für Sukie gibt es keine blöden Fragen. Wenn sie dann am Ende eines Kurses hört: „Ich kam mit schlechter Laune und gehe mit guter Laune“, habe sie alles erreicht, was sie wollte.
Das Wohnzimmer als Bühne
Einmal erzählte die 28-Jährige in einem ihrer Trainings, dass sie die Choreo, die sie gleich tanzen werden, eben erst auf der Zugfahrt entwickelt habe. Ich war erstaunt und fragte mich, ob sie jede ihrer Choreos auf diese Weise entwirft. Bei ihrem vollgepackten Alltag wäre das nicht abwegig. „Manchmal höre ich einfach ein Lied und habe direkt eine Bewegung im Kopf. Oder ich stehe an einem Bahnhof, höre Musik und fange an, meine Füße zu bewegen“, erzählt sie.
Ganz so einfach sei es aber nicht immer. Sie schöpft auch Inspiration aus YouTube-Videos und den Tanzstilen ihrer Kolleginnen. Oft stammen ihre Schrittfolgen auch aus früheren Kursen. „Wenn ich dann ein bisschen was gesehen habe, stelle ich mich ins Wohnzimmer und lasse das Lied zehnmal laufen. Dann kommen schon irgendwelche Bewegungen zustande.“
Tanzen als fester Bestandteil
Wie Sukies Zukunft aussieht, ist noch offen: „Aktuell ist da ein großes Fragezeichen: Was passiert nach der Promotion?“ Fest steht jedoch: Der Tanz wird ein fester Bestandteil ihres Lebens bleiben. Hauptberuflich kann sie sich das allerdings nicht vorstellen: „Ich will nicht, dass Tanzen für mich zur reinen Pflicht wird. Dafür liebe ich es zu sehr.“
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